4. Im ersten Weltkrieg


Inhaltsverzeichnis

Die ersten Kriegsjahre

Während der auf das Attentat von Sarajewo folgenden politischen Krise war anfangs nur der ungarische Ministerpräsident gegen einen Krieg mit Serbien. In seiner Stellungnahme spielte die Angst vor einem siebenbürgischen Einfall eine wichtige Rolle. Tisza rechnete von Anfang an die Streitkräfte des Königreichs Rumänien zu den Gegnern. Er war der Ansicht, man könne keinen Krieg anfangen, „wenn wir Rumänien bereits in etwa verloren haben, ohne dafür Ersatz erhalten zu haben“.* Tiszas Memorandum zitiert in Magyarország története. A.a.O., 1086–1087. Aber auch Tiszas Widerstand zerbrach unter dem Druck der deutschen Regierung, nachdem diese die Neutralität Rumäniens garantiert hatte. Der Generalstab seinerseits versprach, die Grenze Siebenbürgens zu stärken sowie gewisse Streitkräfte dorthin zu verlegen.

Am 26. Juli wurde in einem breiten Grenzstreifen von Serbien bis Galizien – d. h. auch in ganz Siebenbürgen – der Ausnahmezustand erklärt: der Grenzübertritt, das Versammlungsrecht, die Verwaltungskompetenz der Komitate wurden eingeschränkt, die Geschworenengerichte aufgehoben und das beschleunigte Strafprozeßverfahren eingeführt. Im ganzen Lande kam es zum Einsatz der Pressezensur, den Behörden wurde die Kontrolle des Post-, Telegramm- und Fernsprechverkehrs erlaubt. Pferde und Fahrzeuge wurden für Kriegszwecke beschlagnahmt und massenweise Wehrpflichtige eingezogen.

Das formell gesehen verbündete Rumänien blieb zu Beginn des Weltbrandes neutral. Die nüchterne politische Überlegung diktierte ihm die Notwendigkeit, seine militärische Kraft möglichst lange unbeschadet zu erhalten. Bereits bei Kriegsausbruch hatte ein Wettstreit zwischen der Entente und den Mittelmächten eingesetzt, Rumänien für sich zu gewinnen, womit auch Siebenbürgen ganz plötzlich zum Einsatzobjekt der internationalen Kriegspolitik wurde.

{634.} Jene rumänischen Politiker, die sich aus Angst vor dem zaristischen Rußland zu den Mittelmächten hingezogen fühlten, versuchten über Wien und Berlin Druck auf die Budapester Regierung auszuüben, sie empfahlen die Autonomie Siebenbürgens und die Übergabe eines Teils der Bukowina. Damit hofften sie, Rumäniens Eintritt in den Krieg an der Seite der Mittelmächte fördern zu können. Der deutsche Botschafter in Bukarest erfuhr von König Karl, Rußland habe ihm Siebenbürgen versprochen, mit dem Zusatz, dazu auch das Einverständnis Englands und Frankreichs zu erhalten. Die Deutschen verstärkten ihren Druck auf Tisza: Kanzler Bethmann-Hollweg ersuchte persönlich um Zugeständnisse. Tisza meinte jedoch, nur Sieg oder Niederlage auf dem Schlachtfeld werde das Verhalten Rumäniens schließlich entscheiden. Im ersteren Falle bedürfe es keiner Konzessionen, im zweiten Falle könnten sie nichts erreichen. Nur wurde seine Meinung nicht von allen geteilt; anfangs erkannte man nicht, daß allein die Bukarester Konservativen den Kriegseintritt auf Seiten der Mittelmächte wünschten, während sich Brătianu lediglich eine vorübergehende Neutralität Rumäniens durch österreichisch-ungarische Konzessionen bezahlen lassen wollte. (Die am 1. Oktober 1914 getroffene russisch-rumänische Vereinbarung versprach Rumänien ebenfalls für seine Neutralität Siebenbürgen und die Südbukowina.) Unter dem allseitigen Druck stellte Tisza schließlich am 12. September im Kronrat größere Zugeständnisse in Aussicht. Anderntags ließ er die Leiter der rumänischen Partei zu sich rufen, gab ihnen das Versprechen, die Sprachenrechte zu erweitern, das Apponyi-Schulgesetz zu revidieren und mehrere rumänische Wahlkreise einzurichten, falls die „ganze rumänische Rasse“ gemeinsam für die Monarchie eintrete. Während Vaida einwilligte, blieb Maniu derart zurückhaltend, daß Tisza die Verhandlung unterbrechen mußte.

Bukarester und Berliner Kreise entwarfen nun den Plan eines eigenen rumänischen Ministeramtes, der Ernennung einiger Obergespane, der Einrichtung eines vollständigen rumänischen Schulnetzes und einer eigenen Universität sowie des Versprechens von 40 Wahlkreisen; er wurde durch die Botschafter der Monarchie und Deutschlands in Bukarest bei Gesprächen mit Vaida, Vlad und Goldiş ausgearbeitet, die der Überzeugung waren, ihre Partner seien „ganz offensichtlich kaisertreu“.* Telegraphischer Bericht des Bukarester deutschen Gesandten Bussche vom 18. Oktober 1914. PA AA Bonn, Österreich 104. Bd. 13, A 2720. Das deutsche Außenministerium kannte zu dieser Zeit die Geschichte der Bestrebungen der Siebenbürger Rumänen bereits sehr gut, ja sogar das umfangreiche Material der vor dem Kriege geführten rumänischen Verhandlungen Tiszas. „Die Verantwortung für die feindliche Stimmung der rumänischen Öffentlichkeit gegen uns trifft Ungarn, und Graf Tisza müßte endlich Zugeständnisse machen, solange noch Zeit dafür bleibt“ – resümierte der deutsche Gesandte in Bukarest im Einvernehmen mit dem Kanzler seine Ansicht.* Ebd. Tisza wollte jedoch mit Hilfe lediglich bescheidener Erweiterungen der vor dem Krieg gemachten Zugeständnisse die führenden Kreise Rumäniens in Unsicherheit belassen und deren Entscheidung verzögern, in der Hoffnung, der ungarischen Politik werde es gelingen, das gesamte Problem ohne größere Opfer zu überwinden.

Am B. November 1914 wurde der Briefwechsel zwischen dem Ministerpräsidenten und dem Erzbischof von Hermannstadt veröffentlicht, in dem {635.} Tisza noch im September, in Anerkennung der Treue der rumänischen Untertanen zum ungarischen Staat und ihrer Selbstaufopferung im Kriege, die Erweiterung der Nationalitätenrechte versprach. Die Presseprozesse wurden eingestellt, die wegen politischer Vergehen verurteilten Rumänen amnestiert, und der Gebrauch der rumänischen Nationalfahne wurde erlaubt. Während dies in Rumänien keinen besonderen Eindruck machte, verübelten es ihm die ungarischen nationalistischen Kreise jedoch sehr. In seinem Interview für Az Újság (Die Zeitung) verlangte Maniu von Tisza einen detaillierteren Vorschlag für eine institutionelle Garantie der rumänischen Nationalitätenrechte. In der Tat war die Lage der Siebenbürger Rumänen unter dem Einfluß des diplomatischen Kampfes um Rumänien verhältnismäßig günstig. Über die erwähnten Maßnahmen hinaus hütete sich die Regierung seit Ende 1914 besonders davor, die rumänische Öffentlichkeit zu reizen. Das Blatt der Nationalpartei – Românul – wurde direkt auf Wunsch der Regierung am Leben erhalten, während es seine Redakteure bereits Ende 1914 wegen der Zensur hatten einstellen wollen.

1915 wurde das Verhältnis zwischen den Mittelmächten und Rumänien gespannter. Der deutsche Druck blieb gleichbleibend stark, sowohl bei verschlechterter Kriegslage als auch bei Erfolgen an der Ostfront – das Kriegspotential Rumäniens wäre durchaus willkommen gewesen. Der Sonderbeauftragte Berlins, Mathias Erzberger, hielt sich im Mai und im Juni in Budapest und Wien auf, er verhandelte mit den rumänischen Führern auch bereits über eine föderative Umgestaltung der Monarchie. Davon wollte Tisza natürlich nichts wissen und reiste im Juni selbst nach Berlin, um auf all dies mit einem klaren Nein zu antworten und solchen Bestrebungen entgegenzutreten.

Die vorübergehende Verbesserung der Kriegslage und der Kriegseintritt Bulgariens erleichterten auch die Lage der ungarischen Regierung. Die rumänischen Zeitungen wurden gerügt, da sie die verschiedenen Treueerklärungen nicht kommentierten. Maniu wurde – als entschlossenster Oppositioneller – an die Front geschickt und die Kompetenz der Polizei erweitert. Im März 1916 wurde schließlich auch der Românul eingestellt.

Der Versuch Rumäniens, Siebenbürgen zu besetzen

Die militärischen Niederlagen der Monarchie ließen im Sommer 1916 in der Bukarester Regierung die Absicht heranreifen, in den Krieg einzutreten. In einem Memorandum ersuchte Tisza den Monarchen, Streitkräfte zur Abschreckung an der siebenbürgischen Grenze zu konzentrieren. Er wollte auch deutsche Hilfe herbeirufen, im Tausch dafür wäre er auch zum Verzicht der Monarchie auf Polen geneigt gewesen. Die deutschen, österreichisch-ungarischen, bulgarischen und türkischen Generalstäbe einigten sich darauf, notfalls in einem gemeinsamen Gegenangriff Rumänien zu schlagen.

Die Bukarester Regierung sah die militärische Niederlage der Mittelmächte näherrücken, weshalb sie dem ständigen französischen Druck nachgab und sich am 17. August in Bukarest in einem Geheimvertrag der Entente anschloß. Die Entente wiederum übernahm es, Rumänien mit Offensiven an der Saloniki-Front und auf dem galizischen Kriegsschauplatz sowie durch Waffenlieferungen zu unterstützen. Als Gegenleistung für den Kriegseintritt, {636.} von dem man sich enorme Ergebnisse erwartete, versprach man Rumänien einen Teil der Bukowina, das gesamte Banat, das historische Siebenbürgen sowie die sich ihm westlich anschließenden Gebiete, im großen und ganzen bis zur Theißlinie, dabei jedoch Ungarn die engere Umgebung von Debreczin und Orosháza belassend. Auf einer letzten Kronratssitzung erklärte Ministerpräsident Brătianu: „Wer weiß, ob es im Laufe der Jahrhunderte noch einen so günstigen Augenblick wie den gegenwärtigen geben wird?“* Zitiert von V. ATANASIU–A. IORDACHE–M. IOSA-I. M. OPREA–P. ORESCU, Romănia in primul război mondial (Rumänien im ersten Weltkrieg). Bucureşti 1979, 139 Noch am Sonntagabend, dem 27. August, wurde in Wien der Monarchie die Kriegserklärung überreicht, während die Truppen des das Erbe Karls I. antretenden Königs Ferdinand noch in der Nacht die Karpatenpässe überschritten.

Die ungarische Grenze war praktisch nur von Gendarmerie bewacht: Die früher hierher kommandierten Truppen waren längst an die russische Front geschickt worden. Die Behörden begannen am ersten Tag mit der Evakuierung der gefährdeten Zone, sie riefen die Bevölkerung auf, die Gebiete jenseits des Mieresch zu verlassen, was vorwiegend die ungarische und sächsische Stadtbevölkerung und das Szeklerland betraf. Die Anzahl der Flüchtlinge lag über 200 000.

Der rumänische Angriff erschütterte ganz Ungarn, obwohl niemand bezweifelte, daß man ihn zurückschlagen werde. Auch die rumänische Nationalbewegung war in einer schweren Lage. Ihre Partei selbst schwieg zwar, willigte aber in die verschiedenen feierlichen Treueerklärungen der führenden Persönlichkeiten ein, in denen der rumänische Angriff verurteilt wurde. Die Sympathie der Siebenbürger Rumänen für die einziehenden Truppen scheint damals geringer gewesen zu sein, als dies die rumänischen oder ungarischen offiziellen Kreise erwartet hatten. König Ferdinand äußerte, „selbst die Siebenbürger Rumänen empfingen [sie] als Feinde“, der Politiker und Professor Iorga merkte an: „kein einziges Wort der Begrüßung kam aus ihren Reihen, als die rumänischen Heere 1916 die Grenze überschritten“.* N. IORGA, Supt trei regi (Unter drei Königen). Bucureşti 1932, 288; A. MARGHILOMAN, Note politice II (Politische Note II). Bucureşti 1927, 221–223. Dies sind natürlich Übertreibungen der Verbitterung. Viele freuten sich, viele glaubten, nun werde es zur nationalen Vereinigung kommen. Die Mehrheit jedoch war zurückhaltend. Der Obergespan des Komitats Hermannstadt konstatierte in einem vertraulichen Bericht über den rumänischen Einmarsch, trotz seiner Beschwerden hinsichtlich der Intelligenz „können wir [mit der Haltung der Rumänen] im großen und ganzen zufrieden sein“.* Bericht vom 5. November 1916.OL, Miniszterelnökség (Ministerpräsidentenamt). 1917. XVI. 362 res. (1916. 6922 res.).

Nach dem rumänischen Operationsplan hätte die 400 000 Mann starke Armee innerhalb von wenigen Tagen die Mieresch-Linie erreichen und von dort von zwei Richtungen her in die Theißebene vorstoßen sollen. Obwohl auch noch nach der Ankunft der ersten Verstärkungen auf ungarischer Seite nur 70 000 Mann kämpften, kam man mit der Offensive nur langsam voran. Am 30. August rückten die rumänischen Truppen in das evakuierte Kronstadt ein und besetzten dann außer einem großen Teil des Szeklerlandes nur noch Petroscheni und Orschowa, selbst in das evakuierte Hermannstadt zogen sie {637.} nicht ein. Inzwischen schlugen Feldmarschall Mackensens Truppen die als Rückendeckung Rumäniens gedachten Streitkräfte an der bulgarisch-rumänischen Grenze, woraufhin die rumänische Militärführung Mitte September ihren Vormarsch in Siebenbürgen stoppte und ihre Truppen Verteidigungsstellungen einnehmen ließ.

Die Mittelmächte konzentrierten in Neumarkt die I. österreichisc-hungarische (defensive) Armee und im Südabschnitt des Mieresch die 9. deutsche (offensive) Armee, die aus von verschiedenen Fronten überstürzt abgezogenen deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen bestand. Die 9. Armee unter dem gerade als deutscher Generalstabschef entlassenen Falkenhayn fügte der rumänischen Armee am 26.–28. September im Gefecht bei Hermannstadt und am 7.–9. Oktober bei Kronstadt Niederlagen zu, während die 1. Armee unter dem (siebenbürgisch-sächsischen) General Arz die Kraft des Gegners südöstlich von Neumarkt brach. Es begann der rumänische Rückzug, bei dem auch Geiseln genommen wurden. Auch ein bedeutender Teil der rumänischen Intelligenz des südlichen Grenzgebietes floh; manchenorts schloß sich der gesamte Gemeindevorstand den rumänischen Truppen an. Nach schweren Kämpfen in den Karpaten erreichten die Armeen der Mittelmächte Mitte November die oltenische Ebene und zogen nach weiteren Gefechten am 6. Dezember in Bukarest ein.

Im Feldzug von 1916 verlor Rumänien 150 000 Mann als Kriegsgefangene und mehr als 100 000 an Toten. Mit Hilfe der französischen Militärmission Berthelots wurde die Armee neuorganisiert, und so konnte sie im Juli 1917 verhindern, daß auch die Moldau überrannt wurde. Zwei Drittel Rumäniens jedoch, und zwar gerade die reicheren Gebiete, gerieten – einschließlich der Erntevorräte von zwei Jahren – unter fremde Besetzung.

Nach der Oktoberrevolution in Rußland blieb Rumänien ohne direkte Hilfe und schloß trotz der Bedingungen der Entente im Frühjahr 1918 einen Sonderfrieden mit den Mittelmächten. Im Sinne des Bukarester Friedens kam seine Wirtschaft unter deutsch-österreichisch-ungarische Kontrolle, seine Armee hatte es entwaffnen müssen. Unter der Bezeichnung einer strategischen Grenzkorrektion wurde Ungarn ein schmaler Streifen von 2–10 km Tiefe mit 23 000 Einwohnern angeschlossen, und praktisch verlor Rumänien auch die Dobrudscha, es konnte aber zugleich das Anfang 1918 von Sowjetrußland erworbene Bessarabien behalten.

Maßnahmen nach den Kriegsoperationen

Nach der Vertreibung des Gegners geschahen spektakuläre Gesten zur Beruhigung der ungarischen und sächsischen Einwohner Siebenbürgens. Anfang November 1916 machten der Thronfolger, der bayerische König und im darauffolgenden Herbst der deutsche Kaiser einen feierlichen Besuch. Es wurden staatliche und gesellschaftliche Hilfsprogramme eingeleitet. Gleichzeitig griffen die Zivil- und vor allem die Militärbehörde zu scharfen Vergeltungsmaßnahmen gegen die Rumänen, schon um damit ihr Schuldgefühl zu verschleiern, daß sie Siebenbürgen zuvor vollkommen ohne Schutz gelassen hatten. Internierung, Verhaftungen und Prozesse folgten aufeinander, während zugleich mehrere hunderttausend Rumänen mutig unter den Fahnen der Monarchie kämpften. Das Innenministerium gab im Herbst 1917 {638.} die Internierung von 825 Personen zu, aber die Rumänen wußten von mehr als 1000 Menschen.

Nachdem die Tisza-Regierung Mitte 1917 abgelöst worden war, ging Graf Albert Apponyi als neuer Minister für Kultus und Unterricht daran, in den Randgebieten zu Rumänien die sog. Kulturzone zu schaffen, in der sämtliche rumänische Konfessionsschulen von staatlichen Schulen abgelöst werden sollten. Nur 15 bis 18 namhafte Lehranstalten mit großer Vergangenheit wollte er im Besitz der rumänischen orthodoxen Kirche belassen. Nach seinem Plan wären innerhalb von vier bis fünf Jahren 1600 staatliche Volksschulen und 8000 Kindergärten eingerichtet worden. Für die rumänischen Lehrerausbildungsstätten wurde als Ministerialkommissar ein ständiger Inspektor ernannt. Im Juni 1918 entzog man in dieser Zone den 477 Lehrern von 311 rumänischen Konfessionsschulen jegliche staatliche Hilfe. Die Umgestaltung des Schulsystems im Grenzgebiet wurde mit den Geschehnissen im Herbst 1918 obsolet. Die Wekerle-Regierung gab 1917 jene Verordnung heraus, die in Siebenbürgen (und in Oberungarn) den Immobilienverkehr einschränkte. Sie verbot den rumänischen Bauern nicht den Kauf von Boden, erschwerte ihn aber auf bürokratische Weise, um dem rumänischen Bürgertum dörflichen Besitzerwerb unmöglich zu machen.

Die auf den rumänischen Angriff folgenden Kriegsoperationen verursachten zwar – vor allem im Szeklerland – ernsthafte materielle Schäden, hatten jedoch keineswegs solche Folgen wie auf den großen Kriegsschauplätzen im Westen und Osten. Siebenbürgen konnte mit einiger staatlicher Hilfe die Folgen des anfänglichen Chaos und der Verwüstungen relativ schnell überwinden. Die Industrie prosperierte noch trotz mancher schwerer Probleme in der Eisenherstellung, im Bergbau und Verkehr. Eine Reihe von Unternehmen, Kreditinstituten – so auch die rumänische Economul – nahmen eine Kapitalerhöhung vor. Allein 1917 wurden 19 neue Aktiengesellschaften gegründet, die gesamte Kapitalerhöhung betrug im engeren Siebenbürgen nahezu 33 Millionen Kronen. Seit 1911 hatte es keinen solchen Geldüberfluß gegeben. Neue Industriezweige entwickelten sich, wie die Gasverarbeitung, das Chemiekombinat von Martinskirch oder die Bauxitförderung in Bihar.

Die Bauern trugen die Hauptlasten des Krieges, sie wurden mit Ablieferung belegt, litten unter dem großen Arbeitskräftemangel und stellten die meisten Soldaten. Das bestellte Ackerland verringerte sich, Viehbestand und Erträge gingen zurück. 1917 wurde eine Requirierung eingeführt, nach der den Produzenten pro Familienmitglied monatlich nur 10 bis 12 kg Getreide verblieben und der nach der Aussaat verbliebene Rest nachträglich eingezogen wurde. Wenn auch ein organisiertes Hungern wie in Deutschland vermieden wurde, war die Land- und vor allem die Stadtbevölkerung dennoch hin und wieder gezwungen zu darben. Die Volksküchen vermochten nur sehr wenig an der Lage der Armen zu ändern.

Infolge der sinkenden Reallöhne und vor allem des Lebensmittelmangels kam es ab 1916 auch zu Arbeiterunruhen. Bekanntlich fielen diese Kämpfe mit dem der Kriegsermüdung folgenden Friedenswunsch zusammen, dem sichtbaren Ausbruch der politischen Krise. Im Mai 1916 kam es in den Kohlengruben des Schil-Tales zu einer Streikserie, die mit Verhaftungen und Prozessen endete. Nach der Februarrevolution 1917 in Rußland erstarkte die Arbeiterbewegung, am 1. Mai fanden Arbeiterdemonstrationen in Klausenburg, Kronstadt, Arad und Temeschwar statt. Es gab erneut Eisenbahner {639.} und Bergarbeiterstreiks, und bis 1918 war auch weitgehend die Angst vor der repressiven Macht geschwunden. Die Forderungen bezogen sich überall auf die Verbesserung der Lebensbedingungen, auf das allgemeine Wahlrecht und den Frieden. In diesen Bewegungen erhöhte sich sprunghaft der Einfluß der Gewerkschaften.

Schon wegen der Gefahr einer Explosion im Inneren wurde der Frieden immer dringlicher. Die Krise verbreitete sich jedoch so schnell, daß den Regierungskreisen kaum Zeit für einen raschen, rettenden Friedensschluß blieb.

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102. Moldauer Csángó-Frauen beim Kirchweihfest in Csíksomlyó, 1930er Jahre

102. Moldauer Csángó-Frauen beim Kirchweihfest in Csíksomlyó, 1930er Jahre

103. Szekler auf dem Weg zum Tanz in Csíkmenaság. Aufnahme von Josef Fischer, 1930er Jahre

103. Szekler auf dem Weg zum Tanz in Csíkmenaság. Aufnahme von Josef Fischer, 1930er Jahre

104. Kirchgänger in Magyarvalkó. Aufnahme von Josef Fischer, 1930er Jahre

104. Kirchgänger in Magyarvalkó. Aufnahme von Josef Fischer, 1930er Jahre

105. Festtracht von Torockószentgyörgy. Aufnahme von Josef Fischer, 1930er Jahre

105. Festtracht von Torockószentgyörgy. Aufnahme von Josef Fischer, 1930er Jahre

106. Zimmerinterieur in Gyimesközéplok, mit Truhentisch. Aufnahme von Josef Fischer, 1930er Jahre

106. Zimmerinterieur in Gyimesközéplok, mit Truhentisch. Aufnahme von Josef Fischer, 1930er Jahre

107. Ungarischer Gottesdienst in Sakedaten. Aufnahme von Josef Fischer, 1930er Jahre

107. Ungarischer Gottesdienst in Sakedaten. Aufnahme von Josef Fischer, 1930er Jahre

108. Walkmühle in Parajd, 1911

108. Walkmühle in Parajd, 1911

109. Zimmerinterieur in Torockó. Aufnahme von Josef Fischer, 1930 er Jahre

109. Zimmerinterieur in Torockó. Aufnahme von Josef Fischer, 1930 er Jahre

110. Rumänisches Zimmer in Ortenbach, 1908

110. Rumänisches Zimmer in Ortenbach, 1908

111. Talmesch, ein reiches rumänisches Hirtendorf am Eingang zum Rotenturmpaß. Aufnahme von Josef Fischer, 1930er Jahre.

111. Talmesch, ein reiches rumänisches Hirtendorf am Eingang zum Rotenturmpaß. Aufnahme von Josef Fischer, 1930er Jahre.

112. Rumänische Frauentracht aus der Umgebung von Hermannstadt. Aufnahme von Josef Fischer, 1930er Jahre

112. Rumänische Frauentracht aus der Umgebung von Hermannstadt. Aufnahme von Josef Fischer, 1930er Jahre

113. Festtracht der sächsischen Frauen mit Brustspange. Aufnahme von Josef Fischer, 1930er Jahre

113. Festtracht der sächsischen Frauen mit Brustspange. Aufnahme von Josef Fischer, 1930er Jahre

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114. Flüchtlingszug bei Kronstadt, Ende August 1916

114. Flüchtlingszug bei Kronstadt, Ende August 1916

115. Brauerei bei Kronstadt nach dem Beschuß. 1916

115. Brauerei bei Kronstadt nach dem Beschuß. 1916

116. Besichtigung erbeuteter Geschütze in Kronstadt

116. Besichtigung erbeuteter Geschütze in Kronstadt

117. Deutsche Truppen in Kronstadt

117. Deutsche Truppen in Kronstadt

118. Karl IV. bei einer Szekler Ehrenkompagnie

118. Karl IV. bei einer Szekler Ehrenkompagnie

119. Besuch Wilhelms II. in Hermannstadt, 1917

119. Besuch Wilhelms II. in Hermannstadt, 1917

120. Ausrufung der Republik: Budapest, 16. November 1918

120. Ausrufung der Republik: Budapest, 16. November 1918

121. Der griechisch-katholische Bischof Iuliu Hossu verliest den Beschluß der Karlsburger rumänischen Nationalversammlung vom 1. Dezember 1918 über die Vereinigung Siebenbürgens und Rumäniens

121. Der griechisch-katholische Bischof Iuliu Hossu verliest den Beschluß der Karlsburger rumänischen Nationalversammlung vom 1. Dezember 1918 über die Vereinigung Siebenbürgens und Rumäniens

122. Georg Daniel Teutsch, evangelischer Bischof und Historiker

122. Georg Daniel Teutsch, evangelischer Bischof und Historiker

123. Béla Bartók auf Sammelwanderung im Komitat Csík

123. Béla Bartók auf Sammelwanderung im Komitat Csík

124. Der rumänische Dichter und Politiker Octavian Goga

124. Der rumänische Dichter und Politiker Octavian Goga

125. Der ungarische Dichter Endre Ady im Herbst 1918. Foto von Emil Isac

125. Der ungarische Dichter Endre Ady im Herbst 1918. Foto von Emil Isac