Die Saisonarbeiter

Die Saisonarbeiter (summás) schlossen mit den Gutsbesitzern Verträge ab, in denen sie sich verpflichteten, für einen vorher festgelegten Lohn über einen Zeitraum von fünf bis sieben Monaten verschiedene landwirtschaftliche Arbeiten zu erledigen. Die Arbeit dauerte vom Frühjahr bis zum Spätherbst. Auf diese Weise entfiel für den Arbeitgeber eine Lohnzahlung für die Wintermonate, zusätzlich ersparte er sich Gesinde, das er das ganze Jahr beschäftigen mußte. Diese Schicht der Landarbeiter bildete sich im letzten Viertel des vergangenen Jahrhunderts heraus und kam mehr oder weniger überall im ungarischen Sprachraum vor. In einigen Gegenden allerdings wurde diese Arbeitsform zur einzigen Existenzgrundlage der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung. So lebten vor allem die Mezõkövesder Matyó von der Saisonarbeit. Oftmals verdiente mehr als die Hälfte der Dorfbewohner ihr Brot weit weg von zu Hause.

25. Mittagessen der Erntearbeiter

25. Mittagessen der Erntearbeiter
Tiefebene

In Mezõkövesd und Umgebung übernahmen vor allem Männer und Frauen aus den Schichten der landarmen Bauern und der Agrarproletarier Saisonarbeit. Die Kinder von Bauern gingen nur dann außer Haus arbeiten, wenn sie in der Großfamilie entbehrt werden konnten. Der Gutsbesitzer betraute den Truppführer der Saisonarbeiter mit der {G-91.} Zusammenstellung der Truppe. Nach der Bekanntmachung durch Austrommeln meldeten sich die Interessenten in der Wohnung des Truppführers. Jeder mußte ein Arbeitsbuch vorweisen können, und wer sich zur Arbeit verpflichtete, gab dieses bei dem Truppführer ab. Der Truppführer kümmerte sich um alle Angelegenheiten der Saisonarbeiter, auch schlichtete er die zwischen ihnen auftretenden Zwistigkeiten. Mit dem Vertreter des Gutsbesitzers durfte nur er den Kontakt halten, ihn setzte man von der Arbeitseinteilung in Kenntnis, ihm übergab man die Geld- und Naturalbezüge, und er verteilte sie. Für all diese organisatorische Arbeit erhielt er im allgemeinen das Doppelte des festgesetzten Pro-Kopf-Lohns.

26. Erntefest

26. Erntefest
Boldog, Kom. Pest

Die Saisonarbeiter erhielten wöchentlich Naturalbezüge. Hierzu gehörten Mehl, Speck, Gemüse (Bohnen, Erbsen, Linsen) in unterschiedlicher Menge, manchmal Fleisch und in jedem Fall Schnaps. Hinzu kam noch ein wenig Bargeld, das die Arbeiter möglichst für die Wintermonate zurücklegten. Einen Teil der Naturalbezüge gaben sie {G-92.} der Truppwirtin – sie war meist die Frau des Truppführers –, die täglich wenigstens für eine warme Mahlzeit sorgte und Brot buk. Bei dieser Arbeit erhielt sie von der Truppe die notwendige Hilfe.

Früher kamen die Saisonarbeiter mit Fuhrwerken zur Arbeitsstelle, später mit der Eisenbahn. Das Fahrgeld erstattete der Gutsbesitzer zurück. Ihre Unterbringung erfolgte in der Scheune, im Schuppen oder im Stall, wo sie die Nacht auf Strohsäcken, meist allerdings nur auf losem Stroh verbrachten. Die Arbeitszeit dauerte von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, doch mußten sie bereits bei Sonnenaufgang an der Arbeitsstelle sein, gleich wie weit diese von ihrem Quartier entfernt war. Morgens und nachmittags wurde je eine halbe Stunde und mittags eine Stunde Essenspause eingelegt. Die sechs Wochentage mußten voll ausgenutzt werden, was in den Sommermonaten eine Arbeitszeit von oft mehr als 16 Stunden am Tag bedeutete.

Die Saisonarbeiter und -arbeiterinnen hatten jegliche Arbeit zu verrichten, so das Maishacken, das Rübenverziehen und die Getreideernte, zu der Schnitterpaare zusammengestellt wurden. In der Regel arbeitete der Mann beim Schnitt mit seiner Frau oder Tochter zusammen. Die Ernteeinbringung und das Dreschen gehörten ebenso zu ihrer Arbeit wie das Einbringen von Mais und Zuckerrüben. Wenn an Regentagen nicht auf dem Feld gearbeitet werden konnte, wurde ihnen im Stall, in den Wirtschaftsgebäuden oder deren Umgebung und im Kornspeicher Arbeit zugewiesen.

Der einzige Ruhetag war der Sonntag. An diesem Tag wusch man {G-93.} sich, während wochentags in der Regel die Sachen überhaupt nicht ausgezogen wurden und man sich angezogen aufs Stroh legte. Die Frauen und Mädchen wuschen die Wäsche für sich und die Männer. An den meisten Orten legte die Herrschaft vertraglich fest, daß die Saisonarbeiter auch in die Kirche zu gehen hatten. Ferner wurde am Sonntag auch das defekte Arbeitsgerät ausgebessert. In den dann noch verbleibenden Nachmittags- und Abendstunden saß man zusammen, erzählte sich oder sang.

Die Jüngeren machten sich in diesen Stunden auf den Weg und besuchten irgendeinen benachbarten Saisonarbeitertrupp, wo man ihnen gern etwas anbot. Oft holte man die Zither oder die Ziehharmonika hervor, zu deren Klängen getanzt wurde. Dieses Tanzvergnügen am Sonntagnachmittag, das sogenannte cuháré (etwa: Radau), war weit verbreitet. Andere gingen in die Nachbardörfer, um neue Bekanntschaften zu schließen und in der Gastwirtschaft ein Glas Wein zu trinken.