Das Dreschen

Die zu Garben gebundenen Halmfrüchte wurden in der Scheune gelagert, wenn eine solche vorhanden war. In der Tiefebene und in einem Teil der östlichen Hälfte Westungarns baute man entweder Feimen (asztag) oder begann möglichst umgehend mit dem Drusch. Auf Wagen wurde das Getreide vom Feld gebracht. Im Karpatenbecken gab es zweierlei Verfahren beim Laden der Kornfuhre: In der Tiefebene sowie allgemein im Flachland befestigte man an den Wagenseiten zwei lange Stangen (vendégoldal), und auf dem derart verbreiterten Wagen wurden die Garben mit den Ähren nach innen aufgeladen und mit Stricken an den beiden Enden der Seitenstangen festgebunden. Im Bergland waren die Wagen länger und ihre Seiten höher. Hier kannte man keine Seitenstangen, man legte vielmehr einen Wiesbaum (nyomórúd) zuoberst auf das Getreide, der an den vier Ecken des Wagens so fest angeseilt wurde, daß die Garben auch bei etwaigem Umstürzen des Wagens nicht auseinanderfallen konnten. Die erste Art war vorwiegend im Osten, die zweite im Westen des ungarischen Sprachraumes verbreitet.

Abb. 77. Hilfsmittel beim Dreschen.

Abb. 77. Hilfsmittel beim Dreschen.
Kardoskút, Kom. Békés, Anfang 20. Jahrhundert
1. Worfel; 2. Rüttstrohharke; 3. Scheffel; 4. Kornzieher; 5. Kornschieber

Abb. 78. Aus einem Stück Holz gespaltete Gabel.

Abb. 78. Aus einem Stück Holz gespaltete Gabel.
1. Szegvár, Kom. Csongrád, 1896; 2. Kémér, ehem. Kom. Szilágy, 1942; 3. Doboz, Kom. Békés 1934

Im Karpatenbecken sind vom Mittelalter an gleichzeitig zwei Entkörnungsverfahren bekannt: das Treten (nyomtatás) mit Hilfe von Tieren und das Dreschen (cséplés) mit dem Flegel. Das erste Verfahren stammt aus Südosteuropa, das zweite aus Mitteleuropa. Das Treten ist ein Arbeitsverfahren der Extensivkultur, das sich infolge des wirtschaftlichen {G-230.} Rückfalls, verursacht durch die Türkenherrschaft, stark ausbreitete. Das Dreschen war in hügligen und bergigen Gegenden üblich. Im östlichen Teil Westungarns wurde das Getreide um die Mitte des vorigen Jahrhunderts zumeist getreten, im westlichen Teil dagegen gedroschen. Die zum Treten dienende Tenne bereitete man meistens am Rande des Ackers oder auf dem Hof des Gehöfts, manchmal an einem Lagerplatz am Dorfrand vor. Eine kreisförmige oder elliptische Fläche wurde gründlich von Unkraut gesäubert, umgegraben und mit Lehm aufgeschüttet. Darauf streute man Häcksel und Stroh. Schließlich wurde die Fläche von Pferden, manchmal mit Wagen, gründlich festgetreten, wobei der Boden ständig begossen wurde. War der Platz eben geworden, wurde er erneut mit Stroh und Häcksel bestreut, damit der Boden bei starker Sonneneinstrahlung keine Risse bekam.

Abb. 79. Arbeitsphasen des Dreschens, Austreten mit Pferden.

Abb. 79. Arbeitsphasen des Dreschens, Austreten mit Pferden.
Kardoskút, Kom. Békés, erste Hälfte 20. Jahrhundert.
a) Wenden der Unterlage; b) Dreschen und Entfernen des gedroschenen Strohs; e) Häckselschütteln; Trennen des Korns vom Häcksel; d) Kornhäufeln

103. Dreschen mit Pferden

103. Dreschen mit Pferden
Átány, Kom. Heves

104. Wenden des ausgetretenen Getreidestrohs

104. Wenden des ausgetretenen Getreidestrohs
Mezõkövesd

105. Dreschen mit Dreschflegeln

105. Dreschen mit Dreschflegeln
Óbánya, Kom. Baranya

Abb. 80. Verbinden des Dreschflegels mit dem Griff.

Abb. 80. Verbinden des Dreschflegels mit dem Griff.
a) Magyarszerdahely, Kom. Zala; b) Szalonna, Kom. Borsod, um 1930

Die fertige Tenne wurde eingebettet, das heißt die ganze Fläche mit Getreidehaufen beziehungsweise mit aufgebundenen Garben dick und gleichmäßig bedeckt. Nun kamen die Pferde auf die Tenne, 2 bis 8, {G-232.} je nach Bedarf und Möglichkeit. Da die Arbeit für Mensch und Pferd äußerst schwer war, fand ein häufiger Wechsel statt. Meist stand der Peitschenknecht in der Mitte und trieb die Pferde (seltener Ochsen) im Kreise herum, die Halfter mal kürzer, mal länger lassend, damit sie jeden Teil der Tenne gleichmäßig traten. In anderen Fällen schlug man einen Pflock in der Mitte der Tenne ein, um den sich das Seil der im' Kreis gehenden Pferde wickelte, die so dem Mittelpunkt immer näher kamen. Hier und da wurde die Tretarbeit auch mit Pferdewagen ausgeführt. Wenn die Garben schon ziemlich ausgetreten waren, wurden sie mit einer Holzgabel gewendet und gerüttelt, damit das Korn aus dem Stroh herausfiel. Erst nach dreimaliger Wiederholung dieses Vorgangs wurde das nunmehr leere Stroh weggeschafft. Die mit Korn gemischte Spreu wurde am Tennenrand aufgehäuft, und man wartete auf geeigneten Wind zum Streuen (Worfeln).

Abb. 81. Wortschaufeln.

Abb. 81. Wortschaufeln.
a) Szegvár, Kom. Csongrád; b) Oltszem, ebem. Kom. Háromszék, c) Füzér, Kom. Abaúj, Ende 19. Jahrhundert

Der Handdrusch mit dem Flegel geschah stets innerhalb der Siedlung, auf dem Hof oder in der Scheune. Es wurde eine quadratische Tenne angelegt, festgestampft und geglättet, damit kein einziges Korn verloren ging. Der Dreschflegel (csép) bestand aus zwei Teilen: dem Stiel (nyél) und dem Schlegel (hadaró), der halb so lang wie der Stiel ist. Beide sind durch einen Riemen verbunden, so daß sich der Schlegel {G-233.} drehen kann. Dieses Gerät stellte meistens jeder selbst her, und es waren immer einige Dreschflegel an einem Balken in der Scheune aufgehängt. Beim Drusch wurden zunächst zwei Reihen unaufgebundene Garben mit den Ähren zueinander gelegt und so geschlagen, dann mit dem Stiel des Dreschflegels gewendet und auf der anderen Seite ebenfalls geschlagen. Dabei fielen die reifsten Körner heraus, die als Saatgut aufgehoben wurden. Jetzt erst band man die Garben auf und schlug sie erneut gründlich mit dem Flegel. Wenn alle Körner herausgefallen waren, wurde das Stroh mit dem Schlegel weggezogen. Das grannige Korn säuberte man zunächst mit der Harke und häufte es dann in einer Ecke der Scheune auf. Wenn mehrere Personen droschen, geschah es im Takt, je nachdem, wie viele Drescher mitarbeiteten. So konnte ihre Zahl schon nach dem Klang von weitem festgestellt werden.

Das mit Spreu und Grannen vermischte Korn, das nach dem Treten oder Dreschen zurückblieb, mußte gesäubert werden. Die gebräuchlichste Methode war das Worfeln (szórás), das in der Tiefebene sowie im Berg- und Hügelland unterschiedlich vor sich ging. Im Tiefland wartete man auf den Wind. Wenn er sich erhob, wurden die Körner mit einer langstieligen Holzschaufel gegen den Wind geworfen. Das schwerste, reifste Korn flog am weitesten fort, während die Spreu dem Worfelnden vor die Füße fiel. Seitlich stand ein anderer Mann, der die noch verbliebenen Schmutzreste mit einem breiten Ratenbesen von den reinen Körnern zu entfernen hatte.

106. Dreschen mit Dreschflegeln

106. Dreschen mit Dreschflegeln
Szentgál, Kom. Veszprém

{G-234.} In der Scheune konnte man durch Öffnen der beiden gegenüberliegenden Tore relativ leicht einen Luftzug erzeugen. Das Korn wurde auch hier in Windrichtung hochgeworfen; das Worfelgerät war allerdings eine Holzschaufel mit kürzerem Stiel. Anderswo worfelte man sitzend mit einer ganz kurzstieligen Holzschaufel, wobei dann beide Tore verschlossen blieben. Der Gewichtsunterschied und der Luftwiderstand bewirkten die Trennung des Korns von der Spreu.

Das Getreide war aber auch nach dem Worfeln noch nicht vollkommen gesäubert. Bevor man es in die Mühle brachte, schüttete man das Korn deshalb in einen Wassertrog, um so die sichtbaren Verunreinigungen mit der Hand zu entfernen. Woanders wieder wurde das Korn gründlich gewaschen und zum Trocknen ausgebreitet. Die verschiedenen Säuberungsverfahren hingen eng mit der Form des Tretens oder Dreschens zusammen; als die Dreschmaschine eingeführt wurde, verschwanden sie.