Die Herden

Die Zahl der Tiere einer Herde stand nicht genau fest. Sie hing von der Weide, der Möglichkeit zum Tränken und der Zahl der Hirten ab. Die Pferde- und die Rinderherden bestanden gewöhnlich aus rund 500 Tieren, aber in Kleinkumanien wird oft von Herden gesprochen, die aus 800 bis 1000 Rindern bestanden. Bei den Schweinen waren Herden von 1000 Tieren keine Seltenheit. Schafe dagegen bildeten weniger große Herden, weil Milchwirtschaft nur mit einer geringeren Zahl von Tieren möglich ist. Allgemein rechnete man damit, daß 100 Stück Vieh einen Hirten und einen Hund erfordern; bei den Schweinen konnte die Stückzahl höher sein.

Die große Vergangenheit der ungarischen Viehhaltung wird auch dadurch bezeugt, daß die ungarische Sprache zur Benennung von Herden verschiedener Tiere mehrere Bezeichnungen kennt. Die Herden können exakt je nach dem Geschlecht, dem Alter und der Größe der in ihr versammelten Tiere bezeichnet werden. Zunächst wurde die Benennung nyáj (Herde) für sämtliche Tiere verwendet. Später gebrauchte man für Pferde den speziellen Ausdruck ménes (Gestüt). Das Paradegestüt von Debrecen (ciframénes) war ein aus erlesenen Stuten bestehendes Zuchtgestüt; das träge Gestüt (renyhe ménes) bestand aus Zugstuten und Wallachen, die momentan nicht im Arbeitsprozeß standen. Das wilde Gestüt (szilajménes) bestand aus Pferden, die noch nie gesattelt oder eingespannt gewesen waren, keinen Stall kannten und Sommer und Winter im Freien verbrachten.

Die Rinderherde (gulya) bestand aus einer größeren Anzahl von Kälbern, Farren, Färsen und Kühen, die einem Oberhirten anvertraut {G-275.} waren. Sie konnte einer Stadt, einem Dorf oder auch einem Großgrundbesitzer gehören. Der Oberhirt erhielt seine Bezüge in einer Summe beziehungsweise in Naturalien für das Hüten, war aber verpflichtet, eine bestimmte Zahl von Hirtenjungen zu halten. Die Parade-Viehherde (cifragulya) bestand gewöhnlich aus erlesenen Zuchttieren. Die Jungfernherde (szûzgulya) enthielt die von der Züchtung ausgeschlossenen 3-bis 4 jährigen Tiere. Die Stammherde (törzsgulya) und die rauhe oder wilde Herde (rideg-, szilajgulya) wurden das ganze Jahr im Freien gehalten. Einen kleinen. Tierbestand weidete man in einer kurzen Herde (kurta gulya).

Das Wort nyáj (Herde) bezieht sich heute in erster Linie auf Schafe. Falka (Rudel) wird eine kleinere Anzahl von Tieren genannt, die zumeist aus den Schafen eines einzigen Besitzers bestehen.

Die konda (Schweineherde) verbrachte früher das ganze Jahr im Freien. Vom Frühling an wühlte sie im Sumpf oder auf der Weide. Vom Frühherbst an wurde sie von Eicheln satt. Es gibt Orte, wo das Wort nyáj noch bis heute auch auf Schweine bezogen wird.

127. Austreiben der Schweine

127. Austreiben der Schweine
Hollókõ, Kom. Nógrád