{G-280.} Die Futterbereitung

Unter den klimatischen Verhältnissen des Karpatenbeckens reichte die Weide nicht in jedem Fall für das Überwintern des Viehbestandes aus. Die Ungarn dürften schon um die Zeit, als sie in dieses Land kamen, Futter gesammelt haben, wovon einige Wörter in der Sprache zeugen, die noch aus der Zeit vor der Landnahme stammen. Dennoch haben die Ungarn das Heumachen im wesentlichen erst im Karpatenbecken erlernt, und zwar wahrscheinlich von den Slawen. Beweise dafür sind zahlreiche Wörter wie: kasza, villa, pázsit, perje, széna, kazal (Sense, Gabel, Rasen, Rispengras, Heu, Schober) u. a. m. Autochthone Bezeichnungen beweisen wiederum, daß die Ungarn gewisse Grundkenntnisse schon früher besessen und diese weiterentwickelt haben.

132. Beim Mähen

132. Beim Mähen
Szék, ebem. Kom. Szolnok-Doboka, Rumänien

133. Heumahd

133. Heumahd
Maconka, Kom. Heves

Die Wiesen waren sehr lange in gemeinsamem Besitz der Bauern eines Dorfes ; sie wurden unter der Bauernschaft durch Auslosen beziehungsweise Pfeilwerfen verteilt. Das Losen geschah nämlich früher einmal {G-281.} wahrscheinlich mit Pfeilen, und so erhielt das zugeteilte Stück Wiese die Bezeichnung nyilas (etwa Pfeilstück, vom Wort nyíl – Pfeil), ein Wort, das in zahlreichen geographischen Namen bis in die heutige Zeit fortlebt. Zur ersten Heumahd, das heißt zur Mahd des alten oder Mutterheus – agg-, anyaszéna –, kam es in der ersten Hälfte des Juni, also noch vor der Getreideernte. Diese Arbeit wurde immer mit der Sense verrichtet, die man – wenn das Gras üppig genug gewachsen war – mit einem Korb aus Ruten oder Holz versah, womit die Schwaden ordentlich abgelegt werden konnten.

In der weiteren Behandlung des auf Schwaden gemähten Heus gab es Unterschiede je nach Region beziehungsweise den klimatischen Verhältnissen. In der Großen Tiefebene und in den trockenen Gebieten Westungarns wurden die Schwaden, sofern es sich um das zuerst gemähte „Mutterheu“ handelte, gewendet, damit es austrocknen konnte; bei der zweiten oder etwa dritten Mahd brauchte man das nicht mehr zu tun. In den gebirgigen, meist regenreicheren Gebieten zog man die Schwaden, gleich nachdem sie gemäht waren, mit der Gabel auseinander. Das zusammengebrachte Heu wurde auf Pfahlgestelle gehäuft, die ein- oder dreibeinig waren und den Zweck hatten, das Heu vom Boden getrennt zu lagern, damit es leichter trocknete.

134. Heueinfuhr mit Büffelgespann

134. Heueinfuhr mit Büffelgespann
Vista, ehem. Kom. Kolozs, Rumänien

Das Zusammenbringen des gemähten Heus besorgte man mit der Gabel oder mit der Harke. Die Gabeln waren aus Holz und meistens dreizinkig; mit ihnen schob man das getrocknete Heu zu kleinen Haufen – unter Umständen zu länglichen Ballen – zusammen. Mit der {G-282.} Harke zog man drei, vier Schwaden zusammen und brachte zunächst kleinere, dann größere Einheiten zusammen, immer bedacht darauf, daß das halbtrockene Heu durchlüftet wurde und weitertrocknete.

Schließlich baute man aus dem Heu auf der Wiese größere Haufen (Schober, ungarisch boglya) und hielt es in diesen, bis es auf seinen endgültigen Platz gebracht werden konnte. Der endgültige Platz war in der Scheune oder unter eigens für das Heu gebauten Dächern, oft genug auch im Freien in fest gebauten Heuschobern oder Feimen. In einen Schober konnten gut 20 bis 30 Fuder Heu eingebracht werden, woran dann die Tiere den ganzen Winter über genug hatten.

Vom Ende des 18. Jahrhunderts an kamen verschiedene gezüchtete Futtergewächse auf (Klee = trifolium; Luzerne = medicago satica); Anfang des 19. Jahrhunderts begann man, dicht gesäten Mais (csalamádé) und noch viele andere Pflanzen, zum Beispiel Wicken, zu Futterzwecken anzubauen. Der Anbau von Futtergewächsen hing eng damit zusammen, {G-283.} daß das Weideland von den Großgrundbesitzern beansprucht wurde und die Bauern immer mehr gezwungen waren, ihre Tiere im Stall zu halten und mit Futterpflanzen zu ernähren.

Das auf dem Acker angebaute Getreide gab ebenfalls mancherlei Futter für das Vieh her. Am besten bewährte sich das Gerstenstroh; zur Not wurde auch Rüttestroh verfüttert, und die Ochsen knabberten sogar Maisstengel.

Gewisse altertümliche Fütterungsarten kamen im vorigen Jahrhundert nur dann noch vor, wenn in einem besonders trockenen Jahr das Futter für die Tiere den Winter über nicht ausreichte. Zumeist wird Laub in dieser Hinsicht genannt, das man im Herbst sorgfältig sammelte, in Gruben festtrat und so bis zum Frühjahr liegen ließ. In vielen Fällen gab man dem Vieh beblätterte Zweige und im Frühling Ruten mit frischen Knospen zu fressen, so lange, bis man es auf die Weide treiben konnte.