Behandlung kranker Tiere

Abb. 120. Geräte zum Aderlassen.

Abb. 120. Geräte zum Aderlassen.
a) Kom. Zala; b) Szentes, Kom. Csongrád, zweite Hälfte 19. Jahrhundert

Das Kurieren kranker Tiere gehörte gleichfalls zum Aufgabenkreis der Hirten. Diese besorgten derartige Aufgaben teils mit rationalen, teils mit irrationalen Mitteln. Die das ganze Jahr im Freien gehaltenen Tiere wurden kaum verarztet, weil ihre Zahl so groß war, daß es auf einzelne Stücke nicht ankam. Die Haut der verendeten Tiere bot einigen Ersatz für den Verlust. Die berühmtesten Tierheilkundigen gingen aus der Schäfergilde hervor, besonders, seitdem die Merinoschafe im gesamten Karpatenbecken allgemein wurden. Räudige Tiere wurden mit einem Gemisch von Quecksilber, Terpentin und Kalk eingeschmiert; vom Drehwurm befallenen Tieren wurde durch Operationen geholfen: Der Schädel wurde trepaniert und die kleine Eiterbeule, die den Schaden anrichtete, herausgenommen.

Die gefährlichste Krankheit der Hunde war die Tollwut. Schon durch die Namensgebung sollte der Hund davor bewahrt werden; mit Vorliebe gab man daher den Hunden Namen von Flüssen, so gehörten Tisza, Bodrog, Duna, Sajó usw. zu den gebräuchlichsten, denn man glaubte, daß das Wasser in seinem Namen den Hund vor der Tollwut {G-288.} schütze. Hunde verbreiteten die Tollwut, indem sie friedlich weidende Tiere bissen. Bemerkt wurde das Unheil erst, wenn auch das gebissene Tier schon die Merkmale der Krankheit zeigte. Hilfe für die tollwütigen Tiere konnte man nur von den weit und breit berühmten Heilkünstlern erhoffen, die tatsächlich die Tiere kurierten und für ihre Leistung nur Speise und Trank annahmen. Infolgedessen blieben diese ländlichen Heilkünstler meistens arme Leute.

Frißt ein Wiederkäuer zu viel Grünfutter, bläht er sich auf; handelt es sich dabei um ein Schaf, wird es so lange gejagt, bis infolge des Rennens die angestaute Luft entweicht. Aufgeblähte Rinder heilt man durch ein hinter das Schulterblatt eingestochenes spitzes Eisenrohr (Trokar), durch das die Luft ausströmt.

In den meisten Dörfern fanden sich ein oder zwei Personen, die mit dem Messer Eingriffe an den Tieren vornahmen, überschüssiges Blut abzapften, Wunden nähten.