Lagerung und Konservierung der Lebensmittel

Wie man die Rohstoffe lagert, wurde schon erwähnt; die meisten müssen jedoch einer bestimmten Verarbeitung unterzogen werden, bevor sie verbraucht werden können. Seit der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wurde in den Mühlen Mehl von verschiedener Qualität gemahlen, was zugleich eine unterschiedliche Verwendung der Sorten bedeutete. Mehl wurde in den Bauernhaushalten für einen oder für zwei Monate in der Kammer gehalten, wo man Mehlkisten oder eigens dazu angefertigte Fässer und Tonnen hatte. Maismehl ließ sich nicht längere Zeit halten, weil es leicht bitter wurde, weshalb man den Mais nicht in der Mühle mahlen ließ, sondern ihn zu Hause mit einer Handmühle mahlte, und zwar immer nur so viel, wie gerade gebraucht wurde.

Abb. 140. Pflaumendarre.

Abb. 140. Pflaumendarre.
Kom. Szatmár, Anfang 20. Jahrhundert

Einen Teil der Rohstoffe machte man auf verschiedene Weise haltbar. Eine der wichtigsten Methoden ist das Einsäuern. Kohl, Gurken, rote Beete, Weißrüben und mehrere andere Pflanzen werden auf diese Weise für längere Zeit haltbar gemacht, zum Teil sind sie in gesäuertem Zustand auch besonders schmackhaft. Die größte Bedeutung kommt dem Sauerkraut zu, einem beliebten Volksnahrungsmittel seit eh und je in Ungarn. Dazu werden Kohlköpfe mit einem Kohlhobel zerkleinert, was man früher einfach mit dem Messer besorgte; die Kohlschnitzel kommen in Fässer, werden fest getreten, gesalzen und mit einem Brett zugedeckt, auf das ein schwerer Stein gelegt wurde; neuerdings nimmt man Schrauben zum Festmachen des Deckels. Zwischen den gehobelten Kohl werden auch ganze Köpfe eingelegt für das sogenannte gefüllte Kraut (Rouladen), das man nur aus ganzen {G-308.} Blättern bereiten kann. Ist der Kohl einmal gesäuert, wird er portionsweise aus dem Faß entnommen. Im Norden und Westen unseres Sprachraums werden auch rote Rüben (rote Beete) und weiße. Rüben eingesäuert, aus denen Suppe gekocht wird. Für das Säuern der Gurken gibt es verschiedene Verfahren; gegessen werden Gurken immer nur als Zutat zu Fleischgerichten.

Das Dörren ist ein weiteres Verfahren, Früchte und Obst haltbar zu machen. In der Hauptsache werden Pflaumen, Äpfel, Birnen, seltener Aprikosen gedörrt. Einfach aber zeitraubend ist es, die Früchte auf Korbgeflechten in die Sonne zu legen. Darum benutzt man auch Dörröfen, in besonderen Gebäuden untergebrachte flache Öfen, in die man vorher in der Sonne einigermaßen vorgetrocknete Früchte auf große Korbgeflechte mit niedrigem Rand legt. Die Wärme dringt von unten und oben in das Obst und trocknet es rasch. Dörrobst wird nicht nur von Kindern gern gegessen, sondern man kocht auch besondere Suppen für die Fastenzeit daraus. Pilze zu dörren ist in den Gebirgsgegenden, wo viele Arten in großen Mengen wachsen, allgemein.

Umständlicher ist es mit dem Fleisch, das man für längere Zeit haltbar machen wollte, eine Notwendigkeit, die sich sowohl bei den Hirten als auch in den Bauernhäusern ergab, wenn man das Fleisch des geschlachteten Tieres in kurzer Zeit nicht verbrauchen wollte oder konnte. Die Tieflandhirten zerschnitten das Fleisch des geschlachteten Schafes oder Kalbes in kleine Stücke, die sie einsalzten, mit Paprika bestreuten und im Kessel ohne Wasser rösteten, indem sie den Kessel rüttelten und das Fleisch von Zeit zu Zeit wendeten. Wenn es gut durchgebraten war, breitete man es an einer schattigen Stelle auf einer Matte aus. War es nach zwei oder drei Tagen durch und durch trocken, tat man die Fleischstücke in Säcke. Daraus holten sich die Hirtenjungen jeden Morgen eine Handvoll und gingen den ganzen Tag Fleisch und Brot knabbernd hinter der Herde her. Wenn sich eine Möglichkeit ergab, taten sie die Fleischstücke in kochendes Wasser und behandelten sie wie rohes Fleisch. Wahrscheinlich ist dies die altertümlichste Art, Fleisch haltbar zu machen, und so dürften es auch schon die Ungarn in frühester Zeit, als sie Streifzüge durch Europa unternahmen, mit dem Fleisch praktiziert haben, das sie in Quersäcken mit sich führten. Ein italienischer Chronist aus dem 14. Jahrhundert verzeichnet sogar, daß sich die ungarischen Krieger während eines Feldzugs, den König Ludwig der Große in Italien führte, von getrockneten Fleischstücken ernährten, die sie in ihren Ranzen bei sich hatten. Daß Fische getrocknet und geräuchert wurden, wird in Quellen aus dem vorigen Jahrhundert und auch aus früheren Jahrhunderten erwähnt.

In Bauernhaushalten wurde das Schweinefleisch nicht getrocknet, sondern eingesalzen und geräuchert. Nach dem Schlachtfest legte man die Fleischstücke für einige Wochen lang in eine Salzlake, ließ sie dann an der Luft trocknen und hängte sie mit Speck und Wurst zusammen für kürzere oder längere Zeit in den Kamin zum Räuchern. In späterer Zeit hatte man eigens zu diesem Zweck erbaute Räucherkammern. Hier wurde das Fleisch vom Rauch langsam durchzogen, {G-309.} und danach konnte es ohne jede Gefahr auf dem Dachboden oder in einer kühlen Kammer bis zur Hauptarbeitszeit im Sommer bleiben – oft bis zum nächsten Schlachtfest. Die Räuchertechnik ist anscheinend aus dem Westen in den ungarischen Sprachraum eingedrungen und hat sich im ganzen Gebiet verbreitet.

Es gibt noch eine ziemlich verbreitete Art, Fleisch haltbar zu machen: das Anbraten. Das angebratene Fleisch kommt in eine große Ton- oder Blechpfanne und wird mit geschmolzenem Fett übergossen. Das hart gewordene Fett schützt das Fleisch vor der Luft und macht es bis zum Sommer haltbar. Man nimmt jeweils ein Stück nach Bedarf und übergießt dann die angebrochene Fläche wieder mit geschmolzenem Fett.

Nudeln für die Suppe und ähnliche Teigwaren werden ebenfalls durch Trocknen haltbar. Im Tiefland sind Fleckerln allgemein beliebt. Man bereitet aus Mehl und Eiern einen Teig, den man dünn ausrollt und dann in einem Stück trocknen läßt, bis er brüchig wird; dann zerbricht man ihn in Stücke von Handgröße; so kann man ihn in Säckchen mehrere Monate lang genießbar halten. Ebendort ist das sogenannte tarhonya verbreitet, das ebenfalls aus einem ähnlich zubereiteten Teig hergestellt wird. Der Teig wird zuerst durch ein Leder-, dann durch ein Drahtsieb gedrückt, danach in Form von winzigen Kügelchen im Schatten getrocknet. Tarhonya ist gleichfalls monate- oder gar jahrelang haltbar. Ursprünglich war das der Suppenteig der Hirten, der Feldarbeiter, Eisenbahn- und Erdarbeiter; später war er allgemein verbreitet, und auch in städtischen Haushalten wird er heute gern als Suppeneinlage und als Beilage zum Fleischgericht verwendet.

Von den Milchprodukten wird der Weißkäse oder Quark in Schafhautschläuchen (bei den Szeklern) aufbewahrt oder auch in Gefäßen aus Baumrinde festgeknetet, wobei der Käse den Duft der Baumrinde übernimmt. Butter kann zerlassen in Tongefäßen längere Zeit als Schmalz gehalten werden.