Getränke und Gewürze

An erster Stelle unter den Getränken ist das Wasser zu nennen, das aus dem Hofbrunnen oder aus Süßwasserquellen entnommen wurde. In den gebirgigen Gegenden, besonders im Szeklerland und im Oberland, sprudelten ziemlich viele säuerliche, mehr oder weniger kohlensäurehaltige Quellen (borvíz = Weinwasser), und die dortige Bevölkerung gewöhnte sich eben an dieses Wasser; man lieferte davon sogar in Krügen mit eigens zu diesem Zweck eingerichteten Wagen in andere Gegenden. In den sumpfigen Gegenden der Tiefebene trieb man ein ausgehöhltes Schilfrohr tief in den Boden und saugte durch dieses das frische, wohlschmeckende Wasser aus der Erde.

Von den alkoholischen Getränken wurde zu jeder Zeit an erster Stelle Wein (bor) getrunken. Besonders in den Weinbaugebieten tranken die Männer – aber auch die Frauen – regelmäßig Wein. In weinarmen Gebieten kam Wein nur während wichtiger Arbeiten, bei Schlachtfesten oder anderen feierlichen Gelegenheiten auf den Tisch. Der aus verschiedenen Früchten, hauptsächlich aus Pflaumen und Aprikosen gebrannte Schnaps verbreitete sich erst vom 18. Jahrhundert an; solcher Branntwein wurde trotz strenger behördlicher Verbote auf jedem Bauernhof gebrannt.

Häusliches Bier (sör) wurde im vergangenen Jahrhundert noch in vielen Gegenden gebraut; die Szekler machten es aus Weizen, Mais oder Gerste. Man ließ das gewaschene Getreide auf dem Boden keimen, trocknete es sodann im mäßig geheizten Ofen, zerquetschte es, drehte es eventuell durch eine Handmühle, tat es in eine unten durchbohrte Wanne und begoß es mit heißem Wasser. Um das aufgefangene Gebräu zu färben und ihm einen guten Geschmack zu geben, gab man Brotrinde, Zwiebelschalen und Hopfen hinzu. Wenn unter der Einwirkung von Hefe die Flüssigkeit zu gären begann, rührte man sie um und passierte sie durch. In diesem Zustand konnte man das Bier einige Wochen lang genießen. Honigbier (márc) war schon im Mittelalter bekannt und verlor erst im vorigen Jahrhundert seine Bedeutung. Honig wurde in doppelt soviel Wasser aufgekocht; man ließ die Flüssigkeit auskühlen und passierte sie durch ein feines Tuch. Die auf diese Weise erhaltene dicke Flüssigkeit füllte man in Fässer und entnahm aus diesen je nach Bedarf. Das Brauen von Honigbier hing oft mit der Lebkuchenbäckerei zusammen. Eine andere Biersorte, boza, ist in der Tiefebene, besonders in Kumanien, verbreitet. Man nahm dazu Maismehlteig, zerbröckelte ihn, begoß ihn mit Wasser und ließ ihn gären. Dabei klärte sich die Farbe, und wenn sich die Gärung beruhigt hatte, wurde das Gebräu filtriert.

156. Mit Leder überzogene Feldflaschen

156. Mit Leder überzogene Feldflaschen (kulacs)
Ungarn

157. Wandsalzbehälter

157. Wandsalzbehälter
Kom. Nógrád

Zum Abschmecken der Speisen wurden verschiedene Sorten von Essig gebraucht, die im Hause hergestellt wurden. Allgemein bekannt war der Wein- und Apfelessig; zum letzteren zerschnitt man die Äpfel in Stücke, zerrieb sie und begoß sie mit Wasser; die Gärungszeit dauerte {G-328.} einige Wochen, wenn nicht Monate, worauf dann der durchgeseihte Essig im Haushalt verwendet werden konnte.

Das zum Zubereiten der Speisen unerläßliche Salz kam aus den Ostkarpaten – teils mit Fuhrwerken, teils in Kähnen auf der Theiß – in die Tiefebene. In Siebenbürgen (Háromszék) gab es Salzbrunnen, und die Frauen wußten hier schon, wie sie normalerweise zu verschiedenen Speisen Salz- beziehungsweise Trinkwasser zu mischen hatten.

Von den Gewürzpflanzen war zuallererst der Pfeffer verbreitet, bis dann vom Ende des 18. Jahrhunderts an der aus dem Süden eindringende Paprika im ganzen Land – mit Ausnahme von Siebenbürgen – überhand nahm. In Siebenbürgen gebrauchte man gern Estragon, mit dem man Suppen und Fleisch gleicherweise abschmeckte. Safran tat man in die Suppe wegen seines guten Geschmacks und wegen der schönen goldgelben Farbe, die er ihr verlieh. Die wichtigsten Gewürzpflanzen, die auch in der ungarischen Bauernküche verwendet wurden, sind: Zwiebeln, Knoblauch, Majoran, Dill, Kümmel, Anis, Meerrettich und Petersilie.