Kata Bethlen und seine Bibliothek

Wir haben den Versuch, in diesem Band anhand der überlieferten Dokumente die Bibliothek der Gräfin Kata Bethlen (Witwe des Grafen József Teleki) zu rekonstruieren. Die Dokumentenbasis enthält zwei von Péter Bod zusammengestellte Verzeichnisse (aus dem Jahre 1747 und 1752) sowie einige Briefe. Die Gräfin Kata Bethlen war eine eifrige Buchsammlerin, sie hat für ihre "Ungrische Bibliotheca" mehr als 500 Handschriften und Druckwerke der vorigen zwei Jahrhunderte erwerben lassen. Der Bestand ihrer Bibliothek zeigt ihre Neigung zu der Kirche H.B. sowie ihr Interesse für einige Naturwissenschaften wie Medizin und Botanik auf.

Kata Bethlen (1700-1759), die aus einer der vornehmsten Familien Siebenbürgens stammte, war von der Frömmigkeitsidee des Pietismus stark beeinflußt. Ihr Vater, Samuel, Sohn des Kanzlers János, war der Kurator des Kollegiums in Nagyenyed. Seit ihrem 32. Lebensjahr war sie verwitwet und hat ihr ganzes Können der reformierten Kirche gewidmet. Sie hat die Wissenschaft und Literatur protestantischer Prägung eifrig unterstützt, für diese Aktivität konnte sie den größten Wissenschaftler der Zeit, Péter Bod (1712-1769, in den Jahren 1743-1749 auch Hofprediger bei ihr) gewinnen. Sie hat die Veröffentlichungen von Druckwerken immer gefördert und mehrere Werke wurden ihr gewidmet. So hat z.B. auch Péter Bod schon sein erstes Werk, eine Übersetzung (Kõsziklán épült erõs ház ostroma, d.h. Bestürmen eines auf Felsen gebauten festen Hauses) seiner "gütigen Patronin" dediziert, seine weiteren Schriften konnte sie ebenfalls erhalten. (Über die Widmungsexemplare sind wir von Péter Bod selbst berichtet, der auch diese Angelegenheiten in seinem Diarium notiert hat.) Er hat uns noch weitere Informationen über Kata Bethlen und über ihren kulturellen Kreis vermittelt: In einem Brief an Gedeon Ráday (am 26. April 1754) liest man, daß er auf Verlangen von Ráday das Bücherverzeichnis der Frau Kata Bethlen schon zusammengestellt habe. In knapp einem Jahr (am 16. April 1755) bat er Ráday darum, das Verzeichnis seiner Bücher an die Frau Kata Bethlen zu schicken, damit er die für ihn nötigen Bücher auswählen könne. In dem Brief an Ráday vom 20. September 1756 schreibt Bod, daß Kata Bethlen mehrere Pfarrer damit beauftragte, ihr Bücher zu besorgen. Sie hat Bücher erworben, um mehrere weiterzuspenden. Das Verzeichnis dieser geschenkten Exemplare wurde von ihren Hofpredigern nur lückenhaft notiert, es ist also nicht mehr zu rekonstruieren. Besonders enge Kontakte hatte sie zu Péter Bod: Sie finanzierte seine Studien sowohl in Siebenbürgen als auch in Ausland und unterstützte stets seine literarische Tätigkeit. Péter Bod, der sich vornehmlich für die Geschichte der Literatur interessierte, hat ein Schriftstellerlexikon verfasst (das erste in ungarischer Sprache: Magyar Athenas, d.h. Ungrischer Athenas, erste Veröffentlichung im Jahre 1766), das die biographischen und bibliographischen Daten von mehr als 500 ungarischen Schriftstellern enthält. Er nahm nur solche Bücher in sein Lexikon auf, die er selbst gelesen, oder mindestens gesehen hat. Sein literarisches Schaffen ist aber vielseitig, umfaßt die Theologie, Kirchenrecht, Kirchengeschichte, Staatslehre, Sprachwissenschaft und Literaturgeschichte. Er ließ die psychologisch äußerst tiefe Lebensbeschreibung der Gräfin nach ihrem Tode veröffentlichen (Ihres Lebens kurze Beschreibung von eigener Hand, Klausenburg, 1762), schrieb Kirchengeschichte auf ungarisch und auf lateinisch, gab die erweiterte Auflage des berühmten ungarisch-lateinischen Wörterbuchs von Páriz Pápai aus etc. Von besonderer Bedeutung sind aber die schon erwähnten zwei Bücherverzeichnisse, die er von den Büchern der Gräfin aufnahm. Die Bibliothek wurde 1849 im einem Brandfall vernichtet, die bibliothek- und buchgeschichtlichen Informationen von Péter Bod sind eben deswegen unentbehrlich. Er hat sogar solche Druckwerke in der Bibliothek gesehen und in die Verzeichnisse aufgenommen, die die moderne Forschung nur anhand seiner Bücherverzeichnisse kennt. So sind uns z.B. keine Exemplare von 16 Druckwerken und keine Abschriften von 25 Handschriften bekannt, die Bod noch erwähnt.

Das erste Verzeichnis, das 263 Werke umfaßt, wurde 1747 aufgestellt. Der Aufbau dieser Liste stimmt mit dem seiner eigenen Bücher sowie mit der Einteilung des Magyar Athenas überein: 1. Alphabetische Rehienfolge der Schriftsteller (und Werke); 2. Eine Art von Sachkatalog. Die Titelaufnahmen sind nicht immer vollständig. Obwohl das Verzeichnis in dem Jahr 1747 abgeschlossen wurde, man findet noch nachträgliche Ergänzungen. Péter Bod hat hier die Bücher in 22 Sachgruppen geteilt, die uns auch die Schwerpunkte der Sammeltätigkeit wiedergeben:

1. Über die heilige Trinität;
2. Über die Artikel der wahren Religion;
3. Glaubensbekenntisse und Katechesen;
4. Übersetzungen und Auflagen der Heiligen Schrift;
5. Auslegungen von Bibelstellen;
6. Sonntagspredigten;
7. Predigten und Unterweisungen nach der Palatina Katechese;
8. Unterricht über das Gebet und die Erklärung des herrlichen Gebets;
9. Gebetbücher;
10. Schöne Meditationen und Trostschriften gegen die Versuchungen der Welt;
11. Über die Sakramente, vorwiegend über das Abendmahl;
12. Predigten an Festtagen;
13. Predigten an Begräbnissen;
14. Glaubensregeln der römisch-katholischen Kirche;
15. Die unerbittlichen und scherzhaften Streitigkeiten;
16. Gegen große Sünden wie Tanz und Schimpfen;
17. Über die Verwerfung und die Bekehrung;
18. Medizinbücher, vornehmlich gegen die Pest;
19. Historien;
20. Ungarische Historien;
21. Gottesverehrungen und schöne Gesänge;
22. Über die richtigen Tugenden der Herrscher.

Die zweite Liste stammt aus dem Jahre 1752. Die beiden Verzeichnisse enthalten insgesamt 325 Werke von 262 Schriftstellern. Manche Forscher sind der Meinung, daß die zweite Liste nicht nur die Bücher der Gräfin, sondern eine auch durch andere Bestände ergänzte, zum Zwecke des Schrifstellerlexikons zusammengestellte Bücherbestand darstellt. 1752 sind z.B. Bücher aus dem Bestand von Péter Bod angegeben, die fünf Jahre früher noch als die Bücher der Gräfin Kata Bethlen aufgenommen wurden.

Die Aufarbeitung der beiden Büchervezeichnisse kann aus mehreren Gesichtspunkten erfolgen.

1. Erscheinugsjahr: Etwa zwei Drittel der Bücher ist zwischen 1500 und 1600 erschienen (darunter aber nur wenige zwischen 1536 und 1600), auch der Bestand der zeitgenössischen Werke kann für beträchtlich gehalten werden.

2. Druckort: Aus der Sicht der beachtlichen Hungarica-Sammlung der Bibliothek können die Druckorte von relativ großer Bedeutung sein. Ungarische Druckorte (auf dem Gebiet des historischen Ungarns) findet man 22, die weiteren Bücher der Bibliothek wurden in 20 ausländischen (vorwigend deutschsprachigen) Städten gedruckt. Insgesamt also auf 42 Druckorten bei etwa 102 Verlegern.

Die sg. nicht ungarischen Bücher kann man in zwei Gruppen einteilen:

a) In Ausland gedruckte ungarische Bücher, etwa 62 Bände. Die Autoren sind z.B. János Apáczai Csere, György Buzinkai, Albert Szenci Molnár, István Székely, Mihály Ács, Péter Pázmány u.a.

b) Ungarische Übersetzungen von fremdsprachigen Werken, etwa 195 Bände, darunter 33 Bände in Ausland gedruckt. (Übersetzer und Verfasser sind z.B. Mihály Apafi, Matthias Bél, Gáspár Károlyi, György Káldi, Miklós Tótfalusi Kis, Gáspár Heltai, Johann Arndt, Cornelius Nepos, Hieronymus Savonarola, William Dorrel, Johann Gerhard u.a.)

Die im Brandfalle vernichteten Bücher der Bibliothek können nur mit Hilfe der Verzeichnisse und anderer Exemplare der Auflagen identifiziert werden. Etwa 55% der Titel ist in vier verschiedenen Bibliotheken Siebenbürgens nachweisbar, und zwar in den Büchereien der ehemaligen reformierten Schulen in Székelyudvarhely (Odorheu Secuiesc), Marosvásárhely (Târgu Mureº, Neumarkt), Nagyenyed (Aiud) und (die Mehrzahl) in Kolozsvár (Cluj Napoca, Klausenburg).




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