22. Rodolphus Hoffhalters Typographie
in der Gegend von Mur und Drau (1573–1574)

Vjesnik Bibliotekara Hrvatske (Zagreb) 1968. 26–34.

Am 7. Februar 1574 liess Maximilian II. einen Erlass ergehen, der mit folgender Einleitung beginnt: „Es ist uns bekannt geworden, daß ein aus Siebenbürgen von unserem Woiwoden wegen seines arianischen Ketzertums verbannter antitrinitarischer Drucker vor nicht langer Zeit auf deinem Gut in Lindva eingetroffen ist und auf deinem Landbesitz – in erster Linie in ungarischer Sprache – ketzerische Bücher druckt und öffentlich verkauft.” Weiter wird der Adressat, dessen Name auf dem Erlass nicht erscheint, aufgefordert, den anonym gebliebenen Typographen unverzüglich zu vertreiben.[1]

Das Reskript aus Wien wurde am 14. Februar im Auftrag des Pressburger Kapitels vom Peter Seffar an Ladislaus Bánffy von Alsólendva ausgehändigt, der dort an der Ständeversammlung teilnahm. Bánffy beantwortete den Erlass kurz und in ungarischer Sprache. In seinem Schreiben behauptete er, schon seit dreieinhalb Jahren nicht in Alsólendva gewesen zu sein und daß ein solcher Ketzer seines Wissens dort nicht weile. Übrigens, fügte er hinzu, befinde sich Alsólendva nicht in seinem ungeteilten Besitz, und falls sich dort jemand aufhalte, der durch seine Druckertätigkeit lästig falle, so sei es Sache des Bischofs, ihn zu entfernen.[2]

Diese ziemlich brüske Antwort Ladislaus Bánffys, der von den zuständigen Behörden wahrscheinlich mit seinem Bruder verwechselt wurde, war formell begründet: auf dem Familiengut Lindva lebte nicht Ladislaus, sondern sein Bruder Nikolaus Bánffy, und dort arbeitete tatsächlich kein antitrinitarischer Typograph. Aber Ladislaus und seine Frau Barbara Somi waren begeisterte Anhänger der Reformation. Ein Beweis dafür sind die dankerfüllten Zeilen von Peter Bornemisza, der zu den bekannten Persönlichkeiten der lutherischen Kirche dieser Zeit in Ungarn gehörte. Bornemisza widmete am 25. Juli 1574 aus Sempte den zweiten Band seiner Predigtensammlung diesem Ehepaar[3] und schrieb im nächsten Band der genannten Sammlung[4] aus dem Jahre 1575, daß er die grösste Unterstützung auch zur Herstellung des ersten Bandes aus dem Jahre 1573[5] von Frau Bánffy erhalten hatte.

So wie sein Bruder war auch Nikolaus Bánffy, Obergespan des Zalaer Komitats, protestantisch eingestellt. Unter seinem Schutz florierte in Alsólendva (Donja Lendava), etwa 20 km von der österreichischen Grenze entfernt, nördlich der Mur in der südwestlichen Ecke des erwähnten Komitats, eine protestantische Kirchengemeinde unter der Leitung von Georg Kulcsár, der hier als Lehrer tätig war und auch als Taufpate von Nikolaus Bánffys Tochter fungiert hatte. Kulcsárs literarische Tätigkeit ist ebenfalls bekannt. Davon zeugen drei gedruckte Werke aus dem Jahre 1573–1574, die auch den Namen des Herstellungsortes tragen:

  1. Az halálra valo keszöletröl rövid tanossag … [Eine kurze Lehre von der Vorbereitung zum Tode] Lyndvae 1573. A8– H8I4 = [3] + 65 fol. – 8°

Die in Alsólendva am 28. August 1573 datierte Widmung des Verfassers ist Nikolaus Bánffy zugeeignet.[6]

  1. Az ördögnec a penitencia tarto bünössel való vetekedésérõl ... [Über den Dialog des Teufels mit dem Busse tuenden Sünder] Alsó Linduán 1573. A8 – F8 = [48] fol. – 8°

Die Widmung des Verfassers, geschrieben am 7. Oktober 1573 in Alsólendva, wurde Georg, Christoph und Nikolaus Zrinyi dargebracht. Das Büchlein ist die Übersetzung des Werkes „Dialogus inter satanam et peccatorem poenitentem” von Urbanus Rhegius.[7]

  1. Postilla az az evangeliomoknac, mellieket esztendö által a keresztyénec gyöleközetibe szoktac oluasni es hirdetni … [Postille der Evangelien, die in der christlichen Gemeinde gewohnheitsmässig durch das ganze Jahr verlesen und verkündet werden] (Also Lyndvan 1574). (:), A8–Z8, Aa8–Zz8, Aaa8–Zzz8, a8, x2 = [4] + 561 [recte 560] + [2] fol. – 4°








Die Widmung des Verfassers (Alsólendva, 12. Mai 1574) ist an Nikolaus Bánffy gerichtet.[8] Wer war der Drucker, der diese Bücher in Alsólendva herstellte? Hatte Maximilian mit seiner Behauptung über die hiesige Tätigkeit eines antitrinitarischen Typographen doch recht? Verschleierte Ladislaus Bánffy die Wahrheit, in dem er dies bestritt? Die beiden letzten Werke von Kulcsár tragen auch den Namen des Druckers: Rodolphus Hoffhalter. Sein Vater Raphael, ein Adeliger mit dem Originalnamen von Skrzetusky, stammte aus Polen; er war später in den Niederlanden und in Zürich als Angestellter in verschiedenen Offizinen tätig. In der Schweiz, in Zürich, wurde auch Rodolphus geboren. Im Jahre 1555 tauchte Raphael in Wien auf, wo er seit 1556 eine selbstständige Druckerei besass und eine umfangreiche typographische Tätigkeit auf hohem Niveau entfaltete.[9] Als heimlicher Protestant musste er Wien im Jahre 1563 verlassen und nach Ungarn flüchten, wo er bis zu seinem Tod im Jahre 1568 tätig war: zuerst in Debrecen, der Hochburg der kalvinistischen Kirche in Ungarn. Sein Name kommt aber zum erstenmal erst im Jahre 1565 auf einem Druckwerk aus Debrecen vor. Bald darauf zog er nach Nagyvárad (Grosswardein, heute Oradea in Rumänien), wo er sich in den Jahren 1565–1566 aufhielt. Nächstes Jahr tauchte er in der siebenbürgischen Stadt Gyulafehérvár (Karlsburg, heute Alba Iulia in Rumänien) auf, wo er im Dienste der dort stark verbreiteten unitarischen (antitrinitarischen) Kirche arbeitete. Seine Offizin war noch im folgenden Jahr in Betrieb, dann aber verschwand sie spurlos.[10]

Sein Sohn Rodolphus druckte in den Jahren um 1567–1570 in Nagyvárad, aber er kam hier mit der unitarischen Kirche in keinen Kontakt, sondern arbeitete im Dienste der reformatorischen Tätigkeit von Luther und Calvin. Am 17. September 1571 erliess der siebenbürgische Fürst Stephan Báthori; der später berühmte König von Polen, gestützt auf die Resolution der Reichsversammlung von Speyer aus dem Jahre 1570, ein Zensur-Patent, das die Tätigkeit der protestantischen Offizinen in Siebenbürgen und in dem Gebiet der damit verbundenen westlichen Teile der ungarischen Tiefebene lahmlegte, bzw. ihre Produktion – wie z. B. in Kolozsvár (Klausenburg, heute Cluj in Rumänien) und in Debrecen – wenigstens vorübergehend auf weltliche Literatur umstellte.

Rodolphus Hoffhalter, der der Anordnung von Báthori nicht folgen wollte oder konnte, musste daher flüchten und erschien im Jahre 1573 in Alsólendva, wo ihn sowohl moralische, als auch materielle Unterstützung seitens des protestantischen Magnaten Nikolaus Bánffy zuteil wurde. Aus diesem Grunde war es für Ladislaus Bánffy tatsächlich möglich, sich gegen die Anklage Maximilians II. zu wehren: Rodolphus Hoffhalter hatte nie zu den Antitrinitariern gehört. In Wien verwechselte man den inzwischen schon verstorbenen und in Gyulafehérvár tatsächlich früher für diese Lehre arbeitenden Raphael mit seinem Sohn Rodolphus, der – wie es in dem Erlass heisst – „vor nicht langer Zeit” aus Siebenbürgen, besser gesagt, aus der damals dazu gehörenden Stadt Nagyvárad, durch die Verordnung des Woiwoden (Fürst Stephan Báthori) verbannt, in Alsólendva eingetroffen war.

Es sieht so aus, als ob Rodolphus Hoffhalter durch den Erlass Maximilians II. – direkt oder indirekt – doch gezwungen worden war, Alsólendva zu verlassen. Die Widmung seines letzten Buches, der Postille von Georg Kulcsár, die noch unter dem Schutz von Nikolaus. Bánffy gedruckt wurde, entstand am 12. Mai 1574. Das vierte und letzte auch in Exemplaren bekannte Druckwerk von Hoffhalter aus dieser Gegend wurde schon in Nedelic (Drávavásárhely – heute Nedelišæe in Jugoslawien) etwa 20 km südlich von Alsólendva, nördlich der Drau hergestellt. Es ist dies die kroatische Übersetzung eines ungarischen rechtswissenschaftlichen Buches von Stephan Werbõczy; die Widmung trägt das Datum: 13. August 1574. Die Übersiedlung der Typographie von Alsólendva nach Nedelic erfolgte demzufolge um die Mitte des Jahres 1574.

Nedelic gehörte zum Besitz das mächtigen Magnaten Georg Zrínyi, der nur einige Kilometer weit von hier in Csáktornya (Èakovec) residierte. Die Familien Bánffy und Zrinyi waren miteinander durch mehrere Heiraten stark verbunden.[11] Dadurch lässt es sich erklären, daß Nikolaus Bánffys protestantischer Hofprediger Georg Kulcsár seine obenerwähnte und von Hoffhalter gedruckte Übersetzung des Werkes von Urbanus Rhegius am 7. Oktober 1573 dreien Mitgliedern der Familie Zrínyi – darunter auch Georg – widmete. Georg, der Sohn des sagenhaften Helden von Szigetvár (Siget) Nikolaus Zrínyi, war ein leidenschaftlicher Anhänger der Reformation, und wagte in dieser Beziehung auch Wien zu trotzen. Hoffhalter fand seine Zuflucht bei ihm in Nedelic, druckte aber keine protestantischen Werke, sondern die erwähnte ungarische Rechtssammlung von Werbõczy in der kroatischen Übersetzung des Notars Ivanuš Pergošiæ: Decretvm koterogaie Verbewczi Istvan diachki popiszal ... V Nedelischu 1574.(:), A6–P6Q4 = [4] + LXXXXIII [recte 89] + [5] fol. – 2°.

Der Übersetzer widmete sein Werk Georg Zrínyi.[12]

Pergošiæ war Notar in Varaždin, nicht einmal 10 km südlich von Nedelic, auf der anderen Seite der Drau. Interessanterweise gebrauchte er das lateinische Original von Werbõczy nur gelegentlich.[13] Als Grundlage diente Pergošiæ statt dessen die ungarische Übersetzung von Blasius Weres, die im Jahre 1565 in der Debrecener Offizin von Raphael Hoffhalter, also beim Vater des Typographen von Nedelic erschienen war.[14] In der seine Textausgabe[15] begleitenden Studie beschäftigte sich Karel Kadlec eingehend mit der Sprache des Werkes und mit den feinen Einzelheiten der Übersetzung. Er stellte fest, daß die ersten zwei Bogen des Druckes (Bogen „A” und „B”) auch in štokavischem Idiom hergestellt worden waren. Pergošiæ übersetzte nämlich ins Kajkavische, einen Dialekt der kroatischen Sprache, der in der Gegend von Varaždin gebräuchlich ist. Mit der komplizierten Umarbeitung des Satzes hörte man jedoch nach den ersten Bogen auf. Konkrete Dokumente der typographischen Tätigkeit von Rodolphus Hoffhalter in der Gegend von Mur und Drau sind nur die schon oben beschriebenen vier Druckwerke: drei aus Alsólendva (von Mitte 1573 bis Mitte 1574) und eines aus Nedelic (vom Sommer 1574). Der Drucker flüchtete aus Nagyvárad wahrscheinlich kurz nach der Zensur–Verordnung vom 17. September 1571. Wo verbrachte er dann die Zeit bis Mitte 1573? Diese Unsicherheit rief in der Fachliteratur zahlreiche Spekulationen, Hypothesen und Gerüchte hervor. In dem Folgenden wird versucht, diese zu ordnen, zusammenzufassen – und soweit wie möglich – zu klären.

Kein einziges Exemplar eines Werkes von Michael Buèiæ[16] ist erhalten geblieben, doch ein zeitgenössisches Dokument hat sein Andenken bewahrt. Die am 8. März 1574 abgehaltene Synode des Episkopats von Zagreb beschäftigte sich mit seiner „falsa et impia doctrina” (falschen und gottlosen Lehre), die als „libello impresso” (in einem gedruckten Buch) verbreitet wurde. Sie missbiligte Buèiæs kalvinistische Auffassung der Abendmahllehre äusserst heftig und verurteilte ihn als Ketzer.[17]

Venantius Glavina beschrieb in seinen ausgiebigen Kommentaren die verschiedenen Umstände, die direkt oder indirekt mit dem Inhalt der Synoden protokolle im Zusammenhang waren. So stellte er fest, daß die Handschrift, die von ihm zum erstenmal publiziert wurde, die kroatischen Übersetzungen mancher im Text angekündigter Äusserungen von heiligen Vätern entbehrt. Glavina ersetzte diese Lücke in seinen Notizen.[18] Er fügte auch hinzu, das in Tübingen Primus Truberus mit der Veröffentlichung slovenischer und kroatischer Bücher mit den muttersprachlichen Übersetzungen des Neuen Testaments und des lutherischen Katechismus begonnen hatte.[19]

Michael Buèiæ war Pfarrer in Stenjevec bei Zagreb, wo im Jahre 1567 ein wilder Streit wegen seiner protestantischen Auffassung zwischen ihm und dem Patronatsherrn Franz Tahi ausbrach. Nach einigen Jahren verliess Buèiæ diese Gegend und erhielt von Georg Zrínyi die Pfarre von Belica. Später wurde er auch Archidiakon von Vaška. Unter Zrínyis Schutz war er auch literarisch tätig, was auch der erwähnte Beschluss der Synode von Zagreb beweist.

Aus den obigen konkreten Angaben wurden im Laufe dar Jahrzehnte in der Fachliteratur immer mehr und mehr Schlussfolgerungen gezogen. Die Ersten sind noch überzeugend. Matthias Kerèeliæ verknüpfte die Tätigkeit von Hoffhalters Offizin in Nedelic unter dem Patronat von Georg Zrinyi mit dem Werk von Buèiæ, das – laut der Synodenresolution – auch im Druck erschienen war, und nahm an, daß es in kroatischer Sprache hergestellt worden war.[20] Ähnlich äusserte sich auch Alexius Horányi.[21]

Ivan Kukuljeviæ Sakcinski meinte zu wissen, daß nicht nur das verurteilte Werk „Contra realem praesentiam corporis Christi in Eucharistiae sacramento” von Buèiæ in kroatischer Sprache veröffentlicht worden, sondern auch ein lutheranischer Katechismus in kroatischer Übersetzung, ebenfalls von Buèiæ und gleichwohl in Nedelic erschienen war.[22] Der unveröffentlichte, wissenschaftliche Nachlass von Pavel Josef Šafaøik wurde nach seinem Tod publiziert. Darin heisst es bezüglich Buèiæ daß er ausser der schon so oft erwähnten Streitschrift „Contra . . .” noch „einen Katechismus, nach einigen, was jedoch zweifelhaft ist, ein Neues Testament und andere theologische Bücher in kroatischer Sprache” herausgegeben hätte.[23]

Kukuljeviæ schrieb später im Zusammenhang mit Rodolphus Hoffhalter, dem Typographen von Georg Zrínyi in Nedelic, daß dieser „protestantische Bücher in kroatischer Sprache, verfasst von Michael Buchich, Pfarrer in Belice, u. zw.: 1. Novi zakon (Neues Testament), 2. Karstjanski Nauk (Katechismus) und 3. Contra praesentiam... deren Exemplare verbrannt, nicht mehr aufzufinden sind, daselbst druckte”.[24] Diese Angaben von Kukuljeviæ wurden von dem ungarischen Bibliographen Károly Szabó übernommen.[25] Seit dieser Zeit wird die Existenz dieser drei Drucke sowohl in der kroatischen, als auch in der ungarischen Fachliteratur allgemein angenommen.[26]

Dagegen muss man feststellen, daß das einzige zeitgenössische Dokument weder über die Verbrennung der Streitschrift noch über einen Katechismus, bzw. eine Bibelübersetzung von Buèiæ berichtet. Es ist kaum glaublich, daß Buèiæ ein überzeugter Kalvinist, der in seiner Schrift über die Abendmahllehre nicht nur die katholische, sondern auch die lutheranische Auffassung angriff, einen lutherischen Katechismus übersetzt, bzw. veröffentlicht hätte. Diese Vermutung kann man vielleicht auf die Sätze von Glavina zurückführen, die er über Primus Truberus' Tätigkeit schrieb. Man nahm an, daß eine protestantische Druckerei ihre Arbeit unbedingt mit der Herstellung eines Katechismus, bzw. einer Übersetzung des Neuen Testaments beginnen musste. Genau das geschah in der Fachliteratur mit den Anfängen der Offizin von Johannes Honter in Brassó (Kronstadt, heute Braºov in Rumänien) in den dreissiger Jahren des 16. Jahrhunderts. Auch hier wurde zu Unrecht angenommen, daß Honter, weil er später zu den führenden Persönlichkeiten der Reformation in seiner Heimatstadt gehörte, seine typographische Produktion mit Luthers Katechismus, bzw. mit der Augsburger Konfession angefangen hatte.[27]

Es ist schwer festzustellen, wo und wann die kalvinistische Streitschrift von Buèiæ gedruckt wurde. Allgemein verbreitet ist die Ansicht: in Nedelic um 1573. Höchstwahrscheinlich wurde sie in Hoffhalters Offizin hergestellt. Die Synode vom 8. März 1574 berichtete schon über gedruckte Bücher. Hoffhalter stand – wie dies schon früher erwähnt wurde – von Mitte 1573 bis Mitte 1574 in Alsólendva unter dem Schutz von Nikolaus Bánffy. In Nedelic bei Georg Zrínyi arbeitete er nur seit dem Sommer 1574. So muss man entweder annehmen, daß er schon vor Alsólendva einmal in Nedelic gedruckt hatte, oder daß das Werk von Buèiæ in Alsólendva hergestellt wurde. Für beide Vermutungen sind Argumente vorhanden, aber keine Beweise.[28]

Erzsébet Tarcsay meinte zu wissen, daß Hoffhalter schon um Jahre 1570 auf Zrínyis Gut in Nedelic eintraf.[29] Wahrscheinlich hat sich diese viel zu frühe und unbegründete Jahreszahl irrtümlich in die Literatur eingeschlichen. In dieser Zeit begann Georg Zrínyi seine protestantische Überzeugung ganz offen zu bekennen. Aber daraus eine Schlussfolgerung auf den Zeitpunkt der Gründung einer im Dienste der Reformation stehenden Druckerei zu ziehen, scheint viel zu gewagt.

Franjo Buèar schrieb in einem Artikel ausführlich über „Gjuro IV. Zrinski”.[30] Dabei zählte er auch die Werke auf, die Georg Zrínyi, als Gönner der Künste, gewidmet wurden. Unter diesen wird auch die kroatische Übersetzung von Sophokles „Elektra” aus der Feder des berühmten dalmatischen Humanisten Dominko Zlatariæ erwähnt. In dem nächsten Satz behauptet Buèar, daß nur die Offizin in Nedelic als einzige protestantische Druckerei in dieser Zeit in Kroatien arbeitete. Wahrscheinlich stammt das Missverständnis von Branko Vodnik aus der Reihenfolge der obigen Feststellungen. Er behauptete nämlich, daß das erste Produkt der Nedelicer Typographie im Jahre 1572 die kroatische „Elektra” von Zlatariæ sei.[31] Doch der Dichter war in diesem Jahre nur 14 Jahre alt. Er lernte Georg Zrínyi erst nach Beendigung seiner Studien in Padova, also nach 1579 kennen.[32] Seine „Elektra” mit der an Georg Zrínyi gerichteten Widmung erschien zum erstenmal im Jahre 1597 in Venedig.[33]

Szabó Károly beruft sich indirekt auf die handschriftliche Notiz des Debrecener Arztes János Földi vom Ende des 18. Jahrhunderts. Danach wurde das „Herbarium” von Andreas Beythe zum zweitenmal in Nedelic gedruckt und Georg Zrínyi gewidmet.[34] Die erste Ausgabe von Beythes Werk war im Jahre 1595 erschienen. Szabó wusste wohl, daß die Offizin von Nedelic zu dieser Zeit schon längst nicht mehr arbeitete. Daher bezweifelte er die Angaben von Földi. Ferenc Kanyaró bemühte sich, das obige Problem zu lösen.[35] Seiner Meinung nach hat Földi sich in dem Namen des Verfassers geirrt: das Werk von Beythe trug den Titel „Füveskönyv” (Kräuterbuch), dagegen hatte Peter Melius Juhász sein Buch[36] mit „Herbarium” betitelt. Melius' Buch konnnte schon um 1573 in Nedelic von Hoffhalter gedruckt worden sein. Ákos Kelecsényi versuchte, diese vermutlich von Melius stammende Ausgabe in Hoffhalters Tätigkeit in der Gegend von Mur und Drau einzuordnen.[37]

In dem handschriftlichen Katalog der Bibliothek des berühmten Humanisten Johannes Sambucus[38] ist das Andenken an ein ohne Druckort und –jahr angegebenes ungarisches Lied von Ferenc Tõke über die erfoglose Belagerung von Szigetvár im Jahre 1556 durch Ali-Pascha erhalten.[39] Tõke schrieb sein Werk noch im Jahre 1556 in Alsólendva.[40] Georg Zrínyi, der Patron der Offizin, war der Sohn Nikolaus Zrínyis, der die Festung von Szigetvár gegen die Türken verteidigt hatte. So scheint es nicht unwahrscheinlich, daß Tõkes Lied, von dem kein Exemplar bis heute aufgetaucht ist, von Rodolphus Hoffhalter gedruckt wurde.

Der Typograph schmückte seine in Alsólendva und Nedelic geschaffenen Werke mit zahlreichen Holzschnitten, die alle aus dem Nachlass seines Vaters  Raphael Hoffhalter stammten. Dieser hatte sie teilweise noch in Wien gebraucht, teilweise im Laufe seines Aufenthaltes in Ungarn – in erster Linie in Debrecen – selbst geschnitten. Die kroatische Übersetzung der Rechtssammlung von Werböczy stattete Rodolphus mit denselben Holzschnitten aus, die sein Vater schon bei der ungarischen Ausgabe (Debrecen 1565) verwendet hatte.[41] Auch das Typenmaterial der Offizinen von Alsólendva und Nedelic stammte aus Raphael Hoffhalters Druckerei.

Die am Ende des Sommers 1574 gedruckte kroatische Werböczy-Ausgabe ist Hoffhalters letztes heute bekanntes Druckwerk. Dann verschwindet sowohl der Drucker, als auch sein typographisches Material. Rodolphus taucht im Jahre 1577 wieder in Debrecen auf, wo er – abgesehen von einer vorübergehenden Tätigkeit in Nagyvárad (1584–85) – bis zu seinem Tod im Jahre 1586 wirkte.[42]

Bis in die letzte Zeit war das spurlose Verschwinden des typographischen Materials von Hoffhalter für die Fachkreise ein Rätsel. Rodolphus arbeitete nämlich in Debrecen mit dem dortigen Druckmaterial, abgesehen von dem Holzschnitt mit seinem Familien-Wappen. Unlängst ist es mir gelungen, die Spur der Hoffhalterschen Druckerei aufzunehmen und seinen späteren Aufenthalt in Szeben (Hermannstadt, heute Sibiu in Rumänien) festzustellen. Die Stadt gründete dort im Jahre 1575 – nebst einer Papiermühle – auch eine Druckerei, in der sowohl die Holzschnitte, als auch das Typenmaterial von Hoffhalter verwendet wurden. Die Seltenheit der Druckwerke von Szeben verursachte die späte Erkenntnis dieser Kontinuität. Die Offizin von Szeben arbeitete noch in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts mit Hoffhalters Buchstabentypen und seinem Buchschmuck.

Sowohl bei Erzsébet Tarczay, als auch in der von ihr zitierten kroatischen Literatur wurde oft die Ansicht geäussert, Hoffhalters Offizin sei – nach langjährigem Untertauchen im Jahre 1586 von Nedelic nach Varaždin übersiedelt.[43] Tatsächlich hat .die Typographie von Varaždin (1586–1587) mit Hoffhalters Druckerei gar nichts zu tun. Sicher wurden Erzsébet Tarczay und ihre Quellen durch die Tatsache irregeführt, daß die Offizin in Varaždin, also in der nächsten Nähe von Nedelic, ebenfalls für die Reformation tätig war. Der Inhaber dieser Druckerei aber war jener Johannes Manlius, der als Anhänger der lutherischen Reformation in den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts in Ljubljana (Laibach) arbeitete. Von dort aus musste er – eben wegen seiner religiösen Auffassung – nach Westungarn flüchten, wo er dann seine typographische Tätigkeit mit eigenem Druckmaterial vom Jahre 1582 bis zu seinem Tod um 1605 in verschiedenen Ortschaften ausübte.[44]

Im Zusammenhang mit der Offizin von Alsólendva wäre noch zu erwähnen, daß der berühmte französische Bibliograph und Bibliophile Pierre Deschamps in seinem anonym erschienenen Werk „Dictionnaire de géographie ancienne et modern”[45], irregeführt von der ihm unbekannten ungarischen Sprache, folgende Wörter als einen siebenbürgischen Druckort deutete: „Also, Also Sclavoniai Ban, Also Sebes”. Anschliessend warf er noch die Möglichkeit auf, diese Orte wären, mit Alsólendva identisch. „Also” bedeutet bei geographischen Bezeichnungen „nieder” oder „unter”, „Also Sclavoniai Ban” heißt Banus (ein hoher Würdenträger) von Niederslawonien[46], „Alsosebes” ist ein Ortsname, sogar der Name von drei Ortschaften, die aber mit Alsólendva gar nichts zu tun haben.[47]



[1] Holub József: Nyomdászattörténeti adalék a XVI. század derekáról (Buchdruckergeschichtlicher Beitrag aus der Mitte des 16. Jahrhunderts). In: Magyar Könyvszemle (Ungarischer Bücherschau) 1928. 75–77.

[2] Füssy Tamás: A zalavári apátság története (Geschichte der Abtei von Zalavár). Budapest 1902. 370–371.

[3] RMK I. Nr. 115.

[4] RMK I. Nr. 119.

[5] RMK I. Nr. 95.

[6] RMK I. Nr. 95 – Unikum in der ungarischen Nationalbibliothek (Budapest).

[7] RMK I. Nr. 97 – Unikum in der ungarischen Nationalbibliothek (Budapest).

[8] RMK I. Nr. 114 – Etwa anderthalb Dutzend Exemplare sind bekannt. Das Werk wurde noch in den Jahren 1579 und 1597 in Bártfa (heute Bardejov in der Slowakei) neu aufgelegt (RMK I. Nr. 150 und 288).

[9] Denis, Michael: Wiens Buchdruckergeschicht(e) bis 1560. Wien 1782. XIV–XVI. – Mayer, Anton: Wiens Buchdrucker-Geschichte. I. Wien 1883. 86–93. – Benzing, Josef: Die Buchdrucker des 16. und 17. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet. Wiesbaden 1963. 455–456.

[10] Die wichtigste Literatur über die Tätigkeit von Raphael Hoffhalter in Ungarn: Gulyás Pál: Die Wiener Buchdrucker Rafael Hoffhalter und sein Sohn in Ungarn. In: Gutenberg Jahrbuch 1930. 198–204. – Gulyás Pál: A könyvnyomtatás Magyarországon a XV. és XVI. században (Die Buchdruckerei des XV. und XVI. Jahrhunderts in Ungarn). Budapest 1931. 131–140. – Soltész, Elisabeth: Die Holzschneidertätigkeit Raphael Hoffhalters in Ungarn. In: Gutenberg Jahrbuch 1957. 247–253. – Fitz József: A magyarországi nyomdászat, könyvkiadás és könyvkereskedelem története (Geschichte der ungarländischen Typographie, des Verlagswesens und Buchhandels). II. Budapest 1967. 209–218. – Ötvös János: Hoffhalter Rafael debreceni nyomdász (Raphael Hoffhalter, der Debretziner Drucker). In: A Debreceni Déri Múzeum Évkönyve (Jahrbuch des Debretziner Déri Museums) 1960–61. 39–45.

[11] Die Schwester von Georg Zrinyi, Ursula war die Frau von Nikolaus Bánffy.

[12] RMK II. Nr. 136. – Badaliæ, Josip: Jugoslavica usque ad annum MDC. Aureliae Aquensis 1959. Nr. 151. – Sechs Exemplare sind bekannt.

[13] Ungarische Jahrbücher 1941. 161.

[14] RMK I. Nr. 56.

[15] Kadlec, Karel: Stefana Verbecija Tripartitum. Beograd 1909.

[16] Ein Teil der Literatur über Buèiæ wurde von Erzsébet Tarczay (A reformáció Horvát-Szlavonországban (Die Reformation in Kroatien und Slawonien). Debrecen 1930. 76–81.) und von Josip Badaliæ (Jugoslavica usque ad annum MDC. Aureliae Aquensis 1959. Nr. 147.) zusammengefasst.

[17] Glavina, Venantius: Catholica et Christiana doctrina vera et reali praesentia corporis et sanguinis Christi Domini. Zagrabiae 1771. 2–3, 21. – Constitutiones synodales ecclesiae Zagrabiensis. Zagrabiae 1805. 302–303, 311.

[18] Glavina, Venantius: Catholica et Christiana doctrina vera et reali praesentia corporis et sanguinis Christi Domini. Zagrabiae 1771. 9–18.

[19] Glavina, Venantius: Catholica et Christiana doctrina vera et reali praesentia corporis et sanguinis Christi Domini. Zagrabiae 1771. 4.

[20] Kercselics, Matthias: Scriptorum ex regno Slavoniae … collectio. Varasdini 1774. B7a–B8a.

[21] Horányi, Alexius: Nova memoria Hungarorum. I. Pestini 1792. 602–604.

[22] Kukuljeviæ Sakcinski, Ivan: Bibliografija hrvatska. Zagreb 1860. Nr. 271, 272.

[23] Šafaøik, Pavel Josef: Geschichte der illirischen und kroatischen Literatur. Prag 1865. 273.

[24] Agramer Zeitung 1881. Nr. 265. Beilage. – Kroatische Revue 1882. 45–46.

[25] RMK II. Nr. 133–135.

[26] Badaliæ, Josip: Jugoslavica usque ad annum MDC. Aureliae Aquensis 1959. Nr. 16. – In dem Werk von Badaliæ fehlt schon die Übersetzung des Neuen Testaments.

[27] Klein, Karl Kurt: Der Humanist und Reformator Johannes Honter. Hermannstadt – München 1935. 15.

[28] Die Wendung in dem Erlass von Maximilian II, daß die Druckwerke in Alsólendva „in erster Linie in ungarischer Sprache” hergestellt wurden, läst die Möglichkeit offen, daß dort auch Bücher in kroatischer Sprache gedruckt wurden. Auch Georg Kulcsár, der dortige protestantische Seelsorger, sympathisierte, wenn auch nur im geheimen, mit dem Kalvinismus, in welchem Sinne das Werk von Buèiæ geschrieben war. In den Zeilen von Maximilian II, kann man aber auch Argumente für Nedelic finden. Dort heisst es, daß der Drucker „vor nicht langer Zeit” in Alsólendva eingetroffen war. In diesem Fall hatte die Herstellung der heute bekannten Werke von Kulcsár aus Alsólendva wahrscheinlich die ganze Kapazität der Offizin in Anspruch genommen, und diese Tatsache wird dadurch zum indirekten Beweis für Nedelic. Auch der Umstand, daß Hoffhalter in Nagyvárad seit 1571 nicht mehr aufzufinden ist, bedeutet eine Chance für Nedelic, als Druckort von Buèiæ Streitschrift.

[29] Tarczay Erzsébet: A reformáció Horvátországban (Die Reformation in Kroatien). Debrecen 1930. 23.

[30] Prosvjeta (Zagreb) 1901.

[31] Povijest hrvatske književnosti. I. Zagreb 1913. 204.

[32] Zlatariæ, Dominko: Djela. Zagreb 1899. XXIV. – Petar Budmani.

[33] Badaliæ, Josip: Jugoslavica usque ad annum MDC. Aureliae Aquensis 1959. Nr. 204.

[34] RMK I. Nr. 278.

[35] Magyar Könyvszemle (Ungarische Bücherschau) 1906. 317–318.

[36] RMK I. Nr. 141.

[37] Magyar Könyvszemle (Ungarische Bücherschau) 1966. 72–74.

[38] Gulyás Pál: Bibliotheca Joannis Sambuci. Budapest 1941. 343.

[39] Nicht zu verwechseln mit der zweiten Belagerung der Festung im Jahre 1566, die von Sultan Sulejman geführt wurde.

[40] Magyar Könyvszemle (Ungarische Bücherschau) 1964. 347–348.

[41] Soltész Zoltánné: A magyarországi könyvdíszítés a XVI. században (Buchschmuck in Ungarn im XVI. Jahrhundert). Budapest 1961. 88–90, 164.

[42] Die wichtigste Literatur über Rodolphus Hoffhalter: Gulyás Pál: Die Wiener Buchdrucker Rafael Hoffhalter und sein Sohn in Ungarn. In: Gutenberg Jahrbuch 1930. 204–208. – Gulyás Pál: A könyvnyomtatás Magyarországon a XV. és XVI. században (Die Buchdruckerei des XV. und XVI. Jahrhunderts in Ungarn). Budapest 1931. 141–150. – Fitz József: A magyarországi nyomdászat, könyvkiadás és könyvkereskedelem története (Geschichte der ungarländischen Typographie, des Verlagswesens und des Buchhandels). II. Budapest 1967. 218–227.

[43] Tarczay Erzsébet: A reformáció Horvátországban (Die Reformation in Kroatien). Debrecen 1930. 79–81.

[44] 1582–1585 Németújvár (Güssing), 1587–1592 Monyorókerék (Eberau), 1592–1593 Sicz (Schützen), 1596–1597 Németújvár, 1598 Keresztúr (Deutschkreutz), 1600–1602 Sárvár, 1602–1605 Keresztúr.

[45] [Deschamps, Pierre:] Dictionnaire de géographie ancienne et moderne. Paris 1870. Sp. 50.

[46] Es ist interessant zu bemerken, daß mehrere Mitglieder der Familien Bánffy und Zrínyi also der Unterstützer von Rodolphus Hoffhalter, diese Würde bekleideten.

[47] Gutenberg Jahrbuch 1967. 98.




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