61. Honters „Atlas minor” von Zürich in selbständigen Ausgaben

Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde (Köln–Wien) 1992. 37–40.

Johannes Honter (1498–1549) ist wohl einer der weitbekanntesten Siebenbürger Sachsen. Seine Vielseitigkeit ist auffallend, war aber für die Humanisten charakteristisch. Honter war ein ausgesprochener Polyhistor: Philologe und Jurist, Theologe und Kirchenorganisator, Holzschnitzer und Drucker, Pädagoge und Geograph.

Das verbreitetste seiner Werke war und ist sein geographisches Schulbuch, die berühmte „Cosmographia”. Diese Büchlein erschien im 16. Jh. in verschiedenen Ländern Europas in mehr als dreißig Ausgaben. Damit ist es die meistpublizierte Arbeit – sogar bis heute – eines Siebenbürger Sachsen.[1] Das Geheimnis der Beliebtheit dieses Schulbuches ist vor allem in seiner klassischen Versform zu suchen. Diese gibt dem Text einen Rhythmus, wodurch die Schüler diesen wesentlich leichter büffeln konnten. Der Text eines geographischen Schulbuches war immer voller Namen von Städten, Flüssen, Gebirgen usw., die die Schüler nicht noch ungefähr, sondern ganz memorieren mußten.

Dieses Büchlein wurde von Honter zum ersten Mal 1530 in Krakau noch in Prosa publiziert. Nach seiner Rückkehr aus Basel in seine Heimstadt, Kronstadt, richtete er dort 1539 eine eigene Druckerei ein. Hier wurde seine „Cosmographia” 1541 von ihm wiederum – aber diesmal in Versform – veröffentlicht. Den Text der letzten Teile hat Honter mit unbeendeten Zeilen geschlossen, mit der Absicht, den einstweiligen Zustand seiner Arbeit zu betonen. Diese provisorische Ausgabe hat er seinen Freunden geschickt, um ihre Meinung noch vor der Publikation der endgültigen Fassung einzuholen. Die Umgestaltung der „Cosmographia” hat – eben wegen ihrer oben erwähnten didaktischen Vorteile – gleich ein sehr positives Echo gefunden. Im nächsten Jahr wurde dieses Büchlein in dieser bewußt unvollendeten Form in Breslau schon nachgedruckt.[2]

Eben dieser Zeit – also zur Jahreswende 1541/1542 – hat Honter zu Hause eingehändig mehr als ein Dutzend Karten geschnitten, die im Anhang als Illustration seiner „Cosmographia” dienen sollten. Das ist sein kleiner Atlas (Atlas minor), wodurch sein nun in eine endgültige Versform gegossener Text in den Schulen noch nützlicher wurde.[3]

Bereits 1546 erschien in der Zürcher Werkstatt von Christoph Forschauer d. Ä. die erste Neuausgabe der „Cosmographia” von Honter in Versform, auch mit dem Nachschnitt seiner Karten.[4] Der kleine Atlas mit Honters Text von „Cosmographia” wurde dann in dieser Zürcher Offizin binnen sechzig Jahren wieder und wieder – in etwa anderthalb Dutzend Fällen – veröffentlicht.[5] Dazu wurden stets dieselben, von Heinrich Vogtherr d. Ä. kopirten und geschnittenen Holzstöcke verwendet.[6] Die 16 Tafeln des Zürcher Atlas mit der Erdkarte und zwölf Ländekarten folgen – von wenigen Abweichungen abgesehen[7] – dem Kronstädter Vorbild ziemlich genau, sowohl in den topographischen Detalis der Karten wie auch in deren Beschriftung. Der wesentlichste Unterschied jedoch zwischen dem Atlas minor von Kronstadt und dem von Zürich findet sich in der Technik, in der die Beschriftungen ausgeführt wurden. Honter schnitt sie an entsprechender Stelle, d. h. beim Ufer, Fluß, Gebirgs- oder Städtebild, in den Druckstock mit ein, Vogtherr stellte nur einige geographische Bezeichnungen im Holzschnitt her, alle weitere Beschriftung aber erfolgte mit Hilfe von Buchdrucklettern.

Den „Atlas minor” hat Honter also als Anhang seiner „Cosmographia” beigefügt. Er besteht aus vier Halbbogen mit je vier Blättern in Oktavformat. Vorne steht –sozusagen als Titelblatt – die Beschriftung „Circuli sphaere cum V. zonis”, darunter eine Armillarsphäre. Auf einer anderen Seite ist der „Ordo planetarum cum aspectibus” in Holzschnitt zu sehen, wo unsere Erde – der Ptolemäischen Weltanschauung entschprechend – sich in der Mitte des Universums befindet. Auf der dritten Seite ist „Regiones et nomina ventorum” zu lesen, darunter ein Globusholzschnitt. Nun folgt eine größere, auf zwei Seiten reichende Weltkarte – mit der Inschrift „Universalis cosmographia” – in herzförmiger Projektion, wo die großen Umrisse von Amerika – das in der Mitte geteilt ist(!?) – klar zu erkennen ist. An diese Karte ist unten „Tiguri HVE MDXLVI” zu sehen, also die Impressumdaten der ersten Zürcher Ausgabe.

Diese Weltkarte und die weiteren elf Länderkarten wurden stets auf zwei Holzstöcke in Oktavformat geschnitten, die aber in der Mitte senkrecht zusemmengehören. Diese elf Karten sind: Hispania, Gallia, Germania, Sarmatia, Dacia, Macedonia, Italia, Syria, Asia Minor, India, Afrika. Am Ende des Büchleins steht Sicilia auf einem einzigen Holzschnitt, also in der halben Fläche der vorigen, allein. So besteht der „Atlas minor” also aus insgesammt drei Seiten mit wenig Text und mit je einem kleineren Holzschnitt, bzw. aus zwölf von je zwei Holzschnitten zusammengesetzten Karten und zum Schluß noch eine kleinere Karte, die nur auf einen Druckstock geschnitten wurde.

Dieser „Atlas minor” kommt in der heute bekannten Exemplaren ab und zu allein vor, wurde also vor dem Text der „Cosmographia” losgerissen. Auch ist dieses Werks Honters in der Zürcher Ausgabe manchmal ohne den kleinen Atlas in dem Bibliotheken zu finden. Das ist in dem Fall von Büchern mit einem Anhang, der auf selbstständige Bogen und ohne Signaturen gedruckt wurde, nicht selten. In der Bibliothek der Stiftung Otto Schäfer in Schweinfurt wird ein Exemplar – unter der Signatur OS 453 – diese „Atlas minor” aufbewahrt, den man aus mehreren Gründen nicht als einen losgerissen Anhang betrachten kann.[8] Es handelt sich um eine Sonderausgabe des kleinen Atlas von Honter, und zwar, was man sofort erkennen kann, um eine nur einseitig bedruckt wurde. Der Anhang zur „Cosmographia” wurde immer, wie alle Bücher, zweiseitig bedruckt. Und in dem buchweise hergestellten „Atlas parvus” findet man in der Mitte der größeren Karten einen mehrere Millimeter breiten Streifen, weil die zwei zusammengehörigen Holzstöcke – ausgenommen die sich in der Heftung befindlichen, insgesammt drei Karten – immer auf zwei verschiedene Doppelblätter des Papierbogens gedruckt wurden. In dem Fall des einseitigen Druckverfahrens war es aber möglich, die zwei Teile des Holzschnittes dicht zusammenzurücken, wodurch der Eindruck der Einheit bei den Karten entstand. Durch solche Herstellungsart allein auf einer Seite des Papiers war es also möglich, die aus zwei Holzstöcken bestehenden Karten anspruchsvoller herzustellen. Die Bogen des „Atlas parvus” tragen keine Signatur, sondern die aus zwei Teilen bestehenden Karten sind – ab der Weltkarte in Herzprojektion – von eins bis zwölf durchnummeriert. Das einseitige Druckverfahren und die Durchnummerierung der Karten weisen darauf hin, daß Froschauer, der Zürcher Drucker, den Kartenteil selstständig publizieren wollte. Er war darauf bedacht, seine kostbaren Holzstöcke möglichst oft zu verwenden. So benutzte er die Stöcke zu Honters „Atlas parvus” allein im Jahre 1548 – abgesehen von zwei verschiedenen Auflagen der „Cosmographia”[9] – noch sowohl für Joachim Vadians „Epitome trium terrae partium”,[10] als auch für Johannes Stumpfs „Schweizer Chronik”.[11]

Für Froschauers vielseitige Verwendung von Holzstöcken gibt es einen vergleichbaren Fall. Zur Herstellung der genannten „Schweizer Chronik” verwendete er unter den Tausenden von Holzschnitten auch zwölf größere Landkarten der Eidgenossenschaft. In Zürich erschien diese reich bebilderte Chronik dreimal (1584,1586 und 1606), aber eine selbstständige Ausgabe der in ihr enthaltenen zwölf Schweizer Landkarten mindestens viermal, nähmlich kurz nach 1548, 1556, 1562 und 1574.[12]

Kurz nach Auffindung des Exemplars von Schweinfurt tauchte ein weiteres auf: diesmal in Budapest bei einem Privatsammler, Herrn Walter Endrei. Der Inhaber war großzügigerweise bereit, alle Informationen über sein Bändchen freizugeben. So war es möglich festzustellen, daß aus dem Exemplar in Budapest allein die Weltkarte in Herzprojekt fehlt. Wahrscheinlich überstand es die vergangenen Jahrhunderte in Form von Rohbogen, wie es der Fall in Schweinfurt ist, weil für diese selbständige Ausgabe des „Atlas parvus” ein aus altem Pergament bestehender Amateureinband von heute angefertigt wurde. Beim Vergleich der Kopien der beiden Exemplare (Schweinfurt und Budapest) war gleich feststellbar, daß sie voneinander – wenn auch nur in ganz feinen Einzelheiten – abweichen.

Wie schon kurz angedeutet, erfolgte die Beschriftung der Karten in den Zürcher Ausgaben mit Hilfe von Buchdrucklettern. In der ungarischen Nationalbibliothek sind etwa 15 verschiedene Zürcher Ausgaben von Honters „Cosmographia” – sammt seinem kleinen Atlas – in mehr als 30 Exemplaren zu finden; das bietet eine ausgezeichnete Gelegenheit, die Beschriftung der Karten zu vergleichen. Dabei findet man immer sehr viele Abweichungen, bisweilen sogar bei Exemplaren der gleichen Ausgabe. Die meisten Unterschiede entstanden, weil einige geographische Namen – durch Herausfallen der gegossenen Beschriftung aus dem Holzstock – ganz oder teilweise verschwanden. Daraus kann man schließen, daß die Mitarbeiter der Offizin Froschauer im Laufe der Herstellung einer neuen Ausgabe nur selten korrigierend in die Kartenlegenden eingriffen; verlorengegangene Beschriftung blieb oft ohne Korrektur. Manchmal aber wurde der Fehler erkannt und – nicht selten erst in der dritten oder vierten der folgenden Ausgaben – durch eine neue Inschrift korrigiert.

Mit Hilfe genauer Beobachtung der Beschriftung kann man sogar bei stark lückenhaften Exemplaren mit großer Sicherheit feststellen, aus welcher Zürcher Ausgabe sie stammen. So ist es möglich, auch die oben geschilderten zwei selbständigen Ausgaben von „Atlas parvus” kronologisch genau einzuordnen. Dadurch ergibt sich die folgende Liste:

1. 1546 VD16 H 4777 – BNHCat H 483

2. 1548 VD 16 H 4778 – BNHCat H 484

3. 1548 BNHCat H 485 & W 72 (Vadianus)

4. 1548 VD 16 H 4779 – BNHCat H 486

5. 1548 BNHCat S 934 (Stumpf)

6. [1548–1549] Atlas minor von Budapest

7. 1549 VD 16 H 4780 – BNHCat H 487

8. [1548–1552] Atlas minor von Schweinfurt

9. 1552 VD 16 H 4781 – BNHCat H 488

Zusammenfassend kann man feststellen, daß Honters „Atlas parvus” eine noch größere Karriere in der Mitte des 16. Jh. in Zürich durchgemacht hat, als man es bisher aufgrund sowieso zahlreichen Ausgaben seiner „Cosmographia” annehmen konnte. Der kleine Atlas wurde also sogar mehrmals in selbständigen Ausgaben veröffentlicht. Man kann annehmen, daß auch noch weitere Exemplare (vielleicht sogar Ausgabe) in den verschiedenen Sammlungen – teilweise eventuell als lückenhaftes Exemplar einer Cosmographia-Ausgabe identifiziert – aufbewahrt sind.

Daß die obige Vermutung nicht unbegründet ist, wird durch die Erfahrung unterstützt, die man bei der genaueren Untersuchung aller Exemplare der ungarischen Nationalbibliothek machen konnte. Dabei stellte sich heraus, daß der erste Bogen von Honters „Atlas parvus” in einem Band nur einseitig bedruckt wurde.[13] Der befindet sich zwischen den Bogen „a” und „b” in der undatierten Zürcher Ausgabe von Joachim Vadianus, die nach 1552 in der Offizin von Froschauer hergestellt wurde.[14] Der erste Bogen von „Atlas parvus” enthält die oben schon erwähnten drei kleinem auch mit etwas Text versehenen Holzschnitte und die Landkarte Sizilien. Dadurch ist es eindeutig, daß diese aus einem einzigen Holzschnitt bestehende Karte, die sonnst als 13. am Ende des Bändchens steht, mit den drei einführenden Seiten gemeinsam auf ein Papier gedruckt wurde und ihre Stelle, also als letzte Seite der Publikation, erst nach dem Zerschneiden des Bogens bei dem Buchbinder erhielt. Bei der genaueren Untersuchung war feststellbar, daß dieser einseitig bedruckte Bogen aus der ungarischen Nationalbibliothek von der Separatausgabe in Budapest etwas abbweicht, doch mit der Schweinfurter eine vollkommene Identität aufweist.


Honterus kis atlaszának önálló zürichi kiadásai

Johannes Honterus „Cosmographia”-jához készült kis atlasz zürichi kiadásainak és az azzal kapcsolatos észrevételeknek megtárgyalására a 60. cikkben került sor. Most e kis térképgyûjtemény önálló megjelentetésének megvizsgására kerül sor, amelyet Honterus nyomán Zürich számára az idõsebb Heinrich Vogtherr vésett fába. Kiderült ugyanis, hogy a korábban nyolcadrét alakban kiadott térképeket negyedrét formában és csak a papír egyik felének megnyomtatásával önálló kiadványban is megjelentették. Ilyenkor a metszetek többségét, amelyek két egymással szemben fekvõ lapon álltak, a két dúcokat összetolva, immár negyedrét alakban állították elõ. Ez ilyen formában eddig ismertté vált két példányt (Bp. Endrei és Schäfer, Schweinfurt) – a fémbõl öntött feliratok eltünésének alapján – az idõrendben pontosan el lehetett helyezni e térképeknek az 1548 és 1552 között a Froschauer-féle nyomdában közreadott, nem kevesebb, mint hat különbözõ megjelentetései közé. A zürichi nyomdász ugyanilyen kettõs formában adta közre a Stumpf-féle „Schweizer Chronik”-ban levõ térképeket is legalább négy különbözõ évben.


[1] Borsa Gedeon: Die Ausgaben der „Cosmographia” von Johannes Honter. In: Essays in honour of Victor Scholderer. Mainz 1970. 90–105.

[2] RMK III. 338. – Apponyi, Alexander [von]: Hungarica. Ungarn betreffende im Ausland gedruckte Bücher und Flugschriften. I–IV. München 1903–1927.  Nr. 1719.

[3] Borsa Gedeon: Johannes Honterus als Buchillustrator. In: Gutenberg Jahrbuch. 1986. 35–56. – Meurer, Peter H.: Die Karten der Kronstädter Ausgabe 1542 von Honters „Rudimenta Cosmographia”. In: Speculum Orbis. Zeitschrift für alte Kartographie und Vedutenkunde 2. (1986) Heft 1. 34–39 mit 16 Abb.

[4] Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des XVI. Jahrhunderts (VD 16). I–XXII. Stuttgart 1983–1995. H 4777.

[5] Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des XVI. Jahrhunderts (VD 16). I–XXII. Stuttgart 1983–1995. H 4777–4791. – Es gehört auch in das Buch der Rekorde, daß ein Werk eines Siebenbürger Sachsen in derselben Druckerei so oft neu gesetzt wurde.

[6] Engelmann, Gerhard: Johannes Honter als Geograph. Köln–Wien 1982. 70 f.

[7] Engelmann, Gerhard: Johannes Honter als Geograph. Köln–Wien 1982. 72 f.

[8] Borsa Gedeon: Die Zürcher Ausgaben von Honters Atlas minor und ihre Beschriftungen. In: Festschrift Otto Schäfer zum 75. Geburtstag am 29 Juni 1987. Stuttgart 1987. 289–300.

[9] Catalogus librorum sedecimo saeculo impressorum, qui in Bibliotheca Nationali Hungariae Széchényiana asservantur. I–III. Budapest 1990. H 485, H 486.

[10] Catalogus librorum sedecimo saeculo impressorum, qui in Bibliotheca Nationali Hungariae Széchényiana asservantur. I–III. Budapest 1990. W 72. – Engelmann, Gerhard: Johannes Honter als Geograph. Köln – Wien 1982. 74. ff.

[11] Catalogus librorum sedecimo saeculo impressorum, qui in Bibliotheca Nationali Hungariae Széchényiana asservantur. I–III. Budapest 1990. S 934. – Engelmann, Gerhard: Johannes Honter als Geograph. Köln – Wien 1982. 76. ff.

[12] Oehme, Ruthardt In: Zentralblatt für Bibliothekswesen 1937. 385.

[13] Budapest, Ungarische Nationalbibliothek Széchényi: Ant. 6988.

[14] Catalogus librorum sedecimo saeculo impressorum, qui in Bibliotheca Nationali Hungariae Széchényiana asservantur. I–III. Budapest 1990. W 73. – Engelmann, Gerhard: Johannes Honter als Geograph. Köln – Wien 1982. 76.




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