Abrichtung der Zugtiere

Abb. 126. Ochsenjoch mit Verzierung.

Abb. 126. Ochsenjoch mit Verzierung.
Tiszabercel, Kom. Szabolcs, um 1930

138. Sackträgerinnen

138. Sackträgerinnen
Vista, ehem. Kom. Kolozs, Rumänien

139. Bündelträgerinnen

139. Bündelträgerinnen
Hollókõ, Kom. Nógrád

Ein Hauptzweck und -nutzen der Großviehhaltung bestand unter anderem darin, daß man Rinder und Pferde anspannte, um den Acker zu pflügen, die Ernte einzubringen oder die Tretmühle anzutreiben. Außerdem brachten die Tiere die Halb- oder Endprodukte auf den Markt und verrichteten noch zahlreiche andere Arbeiten, die für die {G-295.} Bauernwirtschaft unerläßlich waren. Ebendeshalb wurde das Zugvieh mit großer Sorgfalt ausgewählt und wohlüberlegt an das Joch gewöhnt.

Abb. 127. Aufgezäumtes Reitpferd.

Abb. 127. Aufgezäumtes Reitpferd.
Debrecen, erste Hälfte 20. Jahrhundert

Bei den im Freien gehaltenen Muttertieren verblieben zumeist auch deren Kälber; unter diesen wählte der Hirt diejenigen aus, die ihm für das Joch geeignet schienen, und band sie an einen Pfahl neben der Hütte. Wenn die Herde von der Weide zurückkam, säugte die Kuh ihr Kalb; war das Kalb entwöhnt, band man es an einen längeren Strick, damit es sich bewegen und weiden konnte. So gewöhnte es sich an den Hirten, eine Gewöhnung, die übrigens bei einem im Stall gehaltenen Kalb nicht nötig ist. War ein Farre oder eine Färse drei Jahre alt geworden, wurde das Tier eingespannt, zumeist im Herbst, seltener im Frühling. Aus einer im Freien gehaltenen Herde ließ sich ein Kalb, auch wenn es zuvor gezähmt worden war, nur schwer einfangen. Wenn es sich einmal beruhigt hatte, band man es an den Wagen und führte es so in das Gehöft oder in das Dorf und band es an einen Baum. Wenn es aus der Hand fraß, dann war es zahm, und man konnte mit seiner Gewöhnung an das Joch beginnen.

Abb. 128. Holzsattel der Bauern.

Abb. 128. Holzsattel der Bauern.
Große Tiefebene, Ende 19. Jahrhundert

Das Joch ist ein hölzerner Rahmen, in den man in Ungarn zwei Rinder nebeneinander spannen kann. Man legt den Ochsen das Joch um den Hals und befestigt es an beiden Seiten mit durchgesteckten Eisenstangen, damit die Tiere den Kopf nicht aus dem Joch ziehen können. Im Joch ziehen die Ochsen zu beiden Seiten der Deichsel mit Nacken und Widerrist. Das Joch ist mit einem starken Nagel an der Deichsel oder am Pfluggrindel befestigt, wobei mehrere Ochsenpaare mittels Deichselverlängerungen hintereinander eingespannt werden; ein solches Gespann wird mit einer langstieligen Peitsche angetrieben, deren Schnur, zumeist ein Seil, bis zum ersten Zugochsen reicht.

Abb. 129. Reitpferd des Pferdehirten.

Abb. 129. Reitpferd des Pferdehirten.
Bugac-puszta, Kom. Bács, um 1930

Die zum Eingewöhnen bestimmten Farren werden zuerst nach Hornstand und Wuchs ausgewählt, damit sie ein passendes Paar abgeben. Dann versucht man dem Tier das Joch anzulegen, was zumeist eine schwere Aufgabe ist und des Zugriffs mehrerer Männer bedarf. Wenn das Jungtier einmal das Joch trägt, spannt man es neben einen alten, erfahrenen Ochsen. Das Einüben besorgt man meistens mit {G-296.} einem beladenen Wagen oder einem angebundenen Rad, unter Umständen mit einem Pflug oder einer Egge. Wenn ein Farre um jeden Preis aus dem Joch ausbrechen will, gewöhnt man ihm das mit einem an die Jochstange befestigten genagelten Einsatzstück ab. Es vergehen Monate, bis man mit einem Jungtier jegliche Arbeit verrichten kann. Es lernt die Kommandowörter für Anfahren und Halten, für rechts oder links Abbiegen. Erst wenn das verschnittene männliche Tier all das beherrscht, ist aus ihm ein richtiger Zugochse geworden.

Auch das Abrichten des Pferdes beginnt damit, daß man es mit einem Lasso aus der Herde herausfängt. Natürlich sucht sich das Fohlen auf jede Weise von dem Lasso zu befreien, so daß oft drei oder vier Leute nötig sind, es festzuhalten. Ist das Fohlen ermüdet, legt man ihm einen Halfter aus Hanfseil um und legt ihm einen Sattel auf den Rücken, dann folgen Zaum und Stange, und schließlich wagt es der tüchtigste der jungen Hirten, aufzusitzen und das Pferd unter dem Sattel abzurichten.

Abb. 130. Pferdegeschirr.

Abb. 130. Pferdegeschirr.
Debrecen, erste Hälfte 20. Jahrhundert

Der ungarische Sattel ist ein aus vier Brettern zusammengestelltes recht einfaches Gerät. Zwei längliche Holzplatten liegen unmittelbar auf dem Rücken des Pferdes und werden durch halbbogenförmig geschnitzte Sattelköpfe zusammengehalten. Die hervorragenden Stellen werden durch ausgespanntes Leder verbunden. Diese Sattelform weicht völlig ab von dem in Westeuropa gebräuchlichen Holzsattel, ähnliche findet man dagegen im Osten. Das Wort Sattel, ungarisch nyereg, ist finno-ugrischen Ursprungs, was dessen hohes Alter beweist. Der ungarische Sattel gewährt dem Reiter und mehr noch dem Pferd große Bewegungsfreiheit, er ist nicht zuletzt die Erklärung dafür, warum die landnehmenden Ungarn im Kampf so große Erfolge erzielten. Als man im 18. Jahrhundert nach dem Vorbild der ungarischen Husaren in anderen Ländern leichte Kavallerie aufstellte, übernahm man auch den ungarischen Sattel.

Wenn einmal das Pferd sich unter dem Sattel gehorsam bewegte, dann erst ging man daran, ihm Zuggeschirr anzulegen. Im ungarischen Sprachgebiet ist allgemein das Brustblattgeschirr verbreitet, nur im Westen des Landes legt man Kaltblütern in größeren Wirtschaften ein Kummet-Geschirr an. Im allgemeinen spannt man zwei Pferde ein, ein etwaiges drittes Beipferd zieht auf der rechten Seite den Wagen mit. Bei vier Pferden wird paarweise hintereinandergespannt, bei fünf Pferden werden hinten zwei und vorne drei eingespannt. In einem solchen Fall sitzt der Kutscher auf dem Bock auf der linken Seite und lenkt die vorderen Pferde mit seiner langen Peitsche.

Beim Abrichten ließ man das Pferd zuerst einen Baumstumpf ziehen, und wenn es sich daran einigermaßen gewöhnt hatte, wurde es als drittes Beipferd neben das Paar eingespannt. Erwies es sich dann gefügig, wurde es mit seiner Mutter oder mit einem älteren Pferd zuerst als Sattelpferd – das heißt auf der linken Seite – oder als Stangenpferd auf der rechten Seite ins Gespann genommen, je nachdem, wo es seiner Statur gemäß besser hinpaßte.

140. Auf dem Heimweg von der Mahd

140. Auf dem Heimweg von der Mahd
Galgagyörk, Kom. Pest

Die einfachsten Verkehrsmittel sind Schlitten, die auf der schneebedeckten oder bloßen Erde gleiten. Früher pflegte man Heu auf Schlitten zu befördern, auch Hirtenbauten wurden auf Schlittenkufen errichtet {G-297.} (Siebenbürgen), desgleichen geflochtene Getreidekästen (Südungarn), um sie leichter fortbewegen zu können. Neuerdings werden Schlitten nur noch bei Schnee gebraucht. Die Szekler hatten eine Art Schlitten, mit dem man über kurze Strecken ausgegrabene Baumstümpfe fortbewegte, indem deren vordere Hälfte auf dem Schlitten befestigt wurde und die hintere auf dem Boden nachschleifte. Im Oberland fügte man zwei Schlitten in einem solchen Abstand zusammen, wie es die Länge des zu befördernden Baumstammes erforderte. Außerdem gab es in Teilen des ungarischen Sprachraums eine Art von hochstehenden Schlittenkufen, auf denen man Wagenseiten ähnliche Teile, unter Umständen auch einen geflochtenen Wagenkorb befestigte und das Gefährt so für Last- und Personenbeförderung gleichermaßen geeignet machte.

141. Holzeinfuhr mit Schlitten

141. Holzeinfuhr mit Schlitten
Drágszél, Kom. Bács-Kiskun

Die einfachste Form des Fahrzeugs auf Rädern war der zweirädrige Karren, vor den man nur ein Pferd spannte, seltener einen Esel. Ein {G-298.} solches Gefährt brauchten die Hirten zur Weiterbeförderung ihrer Habe, und auf solchen transportierte man auch die Lebensmittel aus der Ortschaft auf die Weide. Der Karren (taliga), den man heute noch ab und zu in Debrecen und Miskolc sieht, war das Gefährt armer Leute. Später gebrauchten solche Karren die Erdarbeiter, als in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts Flußregulierungen und Eisenbahnbauten in Gang kamen und große Mengen Erde fortgeschafft werden mußten. Über den Speichenrädern liegt der Bretterkasten. Zwischen die Gabeldeichsel – die übrigens den ganzen Unterteil des Karrens trägt – wird ein Pferd gespannt, das auf diese Weise ein ansehnliches Gewicht befördern kann. Eine Variante dieses Karrens ist die mit Sprungfedern versehene Gig, ungarisch kordé, die in manchen Städten, zum Beispiel in Nyíregyháza, als Droschke verbreitet war.

Abb. 131. Pferdeschlitten.

Abb. 131. Pferdeschlitten.
Debrecen. um 1940

Das allgemeinste Gefährt auf Rädern ist der Bauern- oder Leiterwagen, ungarisch szekér, der im größten Teil des Karpatenbeckens ziemlich einheitlich aussieht. Entstanden ist er eigentlich aus der Koppelung zweier Karren, weshalb man die meisten Wagen auch heute noch in zwei Teile zerlegen, mit Hilfe des am Unterteil entlanglaufenden beziehungsweise Langbaumes beliebig verlängern kann. Der Unterschied zwischen Pferde- und Ochsenwagen ergibt sich daraus, daß der erstere mit Strängen gezogen wird und die Deichsel nur zum Lenken dient, während im letzteren Fall die Stange oder Deichsel die Zugkraft auf den Wagen überträgt. Die Vorderräder lassen sich um das Drehscheit so weit verdrehen, wie es die Wagenseite zuläßt; die {G-299.} Hinterräder lassen sich nicht verdrehen. Heutzutage baut man die Räder gleich groß, während der Wagner die Hinterräder früher größer bemaß. Der Radkranz besteht aus vier, fünf oder sechs Felgen, und jede wird von je zwei Speichen gehalten, deren Zahl dementsprechend acht, zehn oder zwölf sein kann.

Abb. 132. Pferdekarren.

Abb. 132. Pferdekarren.
Miskolc. Manchmal auch heute noch in Gebrauch

Ein Unterschied zwischen dem Tiefland- und dem Gebirgswagen besteht nicht in der Konstruktion, sondern in den Maßen und in der Ausrüstung. Die ersteren sind viel kürzer und durch Seitenbäume ergänzt, damit man sowohl seitlich wie auch der Länge nach mehr aufladen kann. Im übrigen ist der Bauernwagen mit einem geflochtenen Wagenkorb ausgerüstet und eignet sich dadurch zum Transport von Maiskolben und anderen kleinformatigen Produkten. Die Gebirgswagen sind bedeutend länger und haben hohe Leiterseiten, was das Aufladen erleichtert. Wegen der unebenen Straßen konnten aber die Wagen nicht hoch beladen werden.

142. Pferdegespann beim Tränken

142. Pferdegespann beim Tränken
Jászjákóhalma, Kom. Szolnok

Der Bauernwagen – ungarisch szekér – erhielt später eine Variante, die „kocsi“ hieß und ihren Namen von einer Ortschaft im Komitat Komárom namens „Kocs“ entlehnte; diese Benennung fand Eingang in fast sämtliche europäischen Sprachen. Die Ortschaft Kocs war eine wichtige Station auf der Straße, die Buda mit Wien verband. Hier bauten die Schmiede und Stellmacher ein leichtes Fahrzeug, das sie ursprünglich „kocsi szekér“ nannten (szekér aus Kocs) und das später ausschließlich zur Personenbeförderung verwendet wurde. Die ganze Konstruktion und damit auch der Name wurden in ganz West- und {G-300.} Mitteleuropa heimisch (deutsch: Kutsche, englisch: coach; schwedisch: kusk; italienisch: cocchio; französisch: coche und spanisch ebenso). Natürlich haben auch die nächsten Nachbarn diesen Wagentyp übernommen. Er bildete die Grundlage der später entwickelten gefederten oder aufgehängten Wagen, die immer luxuriöser ausgestaltet wurden.

Abb. 133. Eisenbeschlagener schwerer Leiterwagen und seine Teile.

Abb. 133. Eisenbeschlagener schwerer Leiterwagen und seine Teile.
Debrecen, erste Hälfte 20. Jahrhundert.
a–b) Gestell des Wagens; c) Wagenseite; d) Lissen; e) Rad; f) Achse; g) Vorder- und Hinterschragen

Abb. 134. Gebirgswagen, Untergestell.

Abb. 134. Gebirgswagen, Untergestell.
Nyíri, Kom. Abaúj, um 1950

Der szekér, der Bauernwagen, war nicht nur für den Bauersmann ein unentbehrliches Gerät, sondern diente bereits seit dem Mittelalter als Transport- und Verkehrsmittel, mit dem der Warenaustausch und der Personenverkehr zwischen den einzelnen Landesteilen abgewickelt wurde. Die Bauern, die einen Wagen besaßen und auch Gespannbauern genannt wurden, bildeten auf den Dörfern und in den Städten eine höhere Schicht gegenüber dem Fußvolk. Es gab Dörfer, in denen sich die Bauern ausschließlich auf die Fuhrtätigkeit verlegten. So transportierten die Gespannbauern der Tokajer Weingegend den berühmten Wein nach Polen und nach Rußland und brachten auf dem Rückweg Pelze und Kleiderstoffe, auch besondere Lebensmittel mit. Die Fuhrleute, die landwirtschaftliche Geräte, Kalk und Holzkohle aus dem Oberland in die Tiefebene transportierten, kamen mit Getreide zurück. Sie beförderten die Erzeugnisse der Töpfer, Weber und Kürschner auf die Märkte und spielten eine nicht geringe Rolle bei der Verbreitung der Produkte, aber auch der kulturellen Güter. Später wurden Schnellwagen eingesetzt, die fast nur Personen beförderten, nebenbei aber auch dem Nachrichten- und Postverkehr dienten.