Zech- und Weinlieder

Diese Gruppe umfaßt Lieder verschiedener Art und verschiedenen Inhalts. Auffallend groß ist hier der Einfluß der Kunstlieder, der Literatur und der Studentenverse, doch gibt es auch Verbindungen zu den Soldaten-, Hirten- und Räuberliedern sowie schließlich zu den Liebesliedern. Zwischen allen diesen Typen hat bekanntlich ein dauernder Zusammenhang bestanden, so daß auch keine ständige und endgültige Grenze gezogen werden kann.

Die Wein- und Zechlieder sind gelegenheitsgebunden und schon deshalb ziemlich vielgestaltig. Sie wurden bei den verschiedensten volkstümlichen Zusammenkünften, Namensfesten, Schlachtfesten, Unterhaltungen im Wirtshaus, Hochzeiten, Weinlesen und Kellerfeiern oder auch einfach beim Bechern vorgetragen. Inhaltlich schließen sie sich an die eine oder andere Gelegenheit an. So wird die Csárda, das Wirtshaus, öfter erwähnt:

Geh ich in die Csárda rein und sauf,
Schreibt der Wirt es mit der Kreide auf.
Gibt Kredit mir auf das bloße Wort,
Bin bekannt als guter Zahler dort.
Wirtin, gib vom Roten einen Krug,
Geld zum Zahlen habe ich genug.
Lieber geb ich hin die bunte Kuh,
Nur wenn ich gezahlt hab, find ich Ruh.

                           Felsõkustány (Komitat Zala)

In den Weinliedern werden Arbeiten und Trinken oft und gerne einander gegenübergestellt:

{G-550.} In der Csárda ruhig ich sitze,
Solang ich ein Pferd besitze.
Spann ich meinen Falben ein,
Hab ich auch das Geld für Wein.
 
Liederjan mein Name ist,
Weil die Arbeit mich verdrießt.
Wenn das Geld im Beutel schwindet,
Nehm ich Arbeit, wo sich’s findet.

                           Ormánság (Komitat Baranya)

Beim Trinken kann das Lob des Weines nicht ausbleiben, besonders, wenn die Stimmung sich mehr und mehr hebt:

Wein, Wein, Wein,
Dieser Rotwein schmeckt gar fein!
Auch den Frauen schmeckt ein Tröpfchen,
Steigt es ihnen auch zum Köpfchen.

                           Nagyszalonta (ehem. Komitat Bihar)

Auf das Lob des Weines folgt bald das Lied, das zum Trinken und Anstoßen auffordert. Dabei werden häufig die Namen der Anwesenden eingeflochten. Dann wieder werden Leute animiert, die aus irgendeinem Grunde keine Lust zum Trinken zeigen:

Gab der Herr mir Wagen, Pferd
Und vier Räder, daß er fährt,
Doch er gab mir auch den Becher,
Und das machte mich zum Zecher.
 
Auch der Doktor gab mir kund,
Wasser – das ist ungesund.
Denn im Wasser schwimmen Kröten,
Wassertrinken würd’ mich töten.

                           Mohács (Komitat Baranya)

Und dann kommen die Lieder an die Reihe, die sich mit der Trunkenheit und ihren Folgen beschäftigen:

In den Weinberg ging ich raus,
Meine Hacke blieb zu Haus.
Schob darum die Arbeit auf,
Trank im voraus Wein darauf.
 
Von dem Wein ist mir der Schädel schwer,
Möcht nach Haus gehn, wüßt ich, wo ich wär.
Wer den Weg kennt, zeige ihn mir an,
Führ er mich, daß ich heimfinden kann.
 
Was die Leut nicht faseln allgemein!
Meine Nase sei so rot vom Wein.
Rote Nase hat die Gans doch auch,
Ohne daß sie je in Wein sie tauch.
 
Frauen sagen, daß ich schwank’,
Weil zu viel des Weins ich trank.
Auch das Schilfrohr schwankt und winkt,
Wo es doch nur Wasser trinkt.

                           Tállya (Komitat Zemplén)

Und so könnte man die Reihe fortsetzen; die Lieder mit der Aufforderung zum Anstoßen und Trinken, solche, die den Pfaffen, die Mädchen und Frauen verspotten, die von Keilereien im Wirtshaus berichten und von wahren Trinkern, die die Weinflasche ins Grab {G-551.} mitnehmen. Das folgende Lied dagegen führt schon in die Richtung der Räuberlieder, denn von den Räubern berichtet ja auch die Überlieferung, sie hätten Wein, Weib und Gesang geliebt:

Wenn die Betyáren
Aus der Welt verschwänden,
Würden alle Wirte rundum
Bald als Bettler enden.
 
Alle schönen Frauen
Bald sich dürftig zeigen.
Musikanten, die Zigeuner
Könnten heim sich geigen.

                           Szaján (ehem. Komitat Torontál)

Die meisten Weinlieder kennt man in der Gegend, wo viel Wein wächst. So besitzt jede bedeutendere Weingegend ihr eigenes charakteristisches Liedgut. Ohne Lied und Gesang gab und gibt es dort keine nennenswerte Unterhaltung.